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CHANCEN 3/23: Debatte „Auslaufmodell Fünftagewoche?“
Das Thema
In der Diskussion um die Zukunft der Arbeitswelt spielt die Einführung der Viertagewoche eine große Rolle. Laut einer aktuellen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft würde rund ein Drittel der Vollzeitbeschäftigten ihre Arbeitszeit gerne auf weniger Tage verteilen.
Es diskutieren
Heiko Henke
Handwerkskammer Oldenburg
Der 62-jährige Jurist ist seit Oktober 2014 Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Oldenburg. Er gehört der Geschäftsführung seit 1997 an.
Jan Oltmanns
Alfred Oltmanns Metallbau GmbH
In vierter Generation führt der 43-Jährige das Kreyenbrücker Familienunternehmen. Er ist zudem Obermeister der Metall-Innung Oldenburg.
In Unternehmen werden neue Arbeitszeitregelungen diskutiert und erprobt. Die Fünftagewoche steht vielerorts auf dem Prüfstand. Ist sie noch zeitgemäß?
Auslaufmodell Fünftagewoche?
Oltmanns:
Ich habe mich im letzten Jahr ausführlich mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über Arbeitszeitmodelle ausgetauscht und überlegt, ob die Viertagewoche für uns infrage kommt. Jeder hat sofort gesagt: Ja, lass es uns probieren. Wir haben uns erst auf drei Monate geeinigt, die Regelung per Zusatz im Arbeitsvertrag dann aber auf ein Jahr ausgeweitet.
Henke:
Die Diskussion über die Viertagewoche kommt nicht von ungefähr. Betriebe haben Probleme, Mitarbeiter zu finden. Deshalb kommen neue Ideen auf. Man muss sich als Arbeitgeber bei den Leuten interessant machen. Wer die Viertagewoche einführt, ist der Konkurrenz erstmal einen Schritt voraus, weil er etwas anders macht.
Oltmanns:
Es ging mir nicht darum, Mitarbeiter irgendwo abzuwerben oder neu einzustellen. Ich bin mit unserem Personal sehr zufrieden. Am wichtigsten ist mir, sie an den Betrieb zu binden. Wir wollen niemanden verlieren.
Henke:
Für mich stellt sich die Frage, wie sich das rechnet.
Oltmanns:
Wir hatten zuvor schon eine 37-Stundenwoche, freitags wurde nur halbtags gearbeitet. Die 37 Stunden bleiben. Aber wir verteilen sie auf vier Tage und verzichten auf den Freitag.
Henke:
Verstehe, dann macht das keinen Unterschied. Mein erster Gedanke war, die Stunden vom Freitag werden nicht an die anderen Arbeitstage gehängt. Das wäre dann gleicher Lohn für fünf Stunden weniger. Da ginge die Kalkulation möglicherweise nicht mehr auf. So wie Sie es schildern, funktioniert das. Und ich gehe davon aus, dass die Beschäftigten das mittragen.
Oltmanns:
Da war ich mir anfangs gar nicht so sicher, vor allem bei den Älteren hatte ich Bedenken. Aber die haben sich ganz klar positiv dazu geäußert.
Henke:
Ich kenne auch das Modell eines Friseurs. Der hat ebenfalls auf vier Tage umgestellt und nun von Mittwoch bis Samstag geöffnet – bei vollem Lohnausgleich. Die entfallenden Stunden vom Dienstag werden nicht an den anderen Tagen zusätzlich gearbeitet. Der Chef sagt, die Kunden seien mit der Regelung sehr zufrieden, weil sie registrieren, dass das Verhältnis zwischen ihm und seinen Mitarbeitenden stimmt. Die kommen gut miteinander klar, das wird honoriert. Kann es denn überall den gleichen Output bei weniger Stunden geben?
Oltmanns:
Natürlich nicht bei jedem Gewerk. Die Fünftagewoche ist kein Auslaufmodell. Aber der Friseur kann kalkulieren. Er weiß, eine Dauerwelle braucht vielleicht eine Stunde. Das ändert sich nicht. Er kann also die Zahlen nach dem alten Modell mit denen des neuen vergleichen und seine Schlüsse ziehen. In unserem Bereich ist das nicht möglich, weil wir alle Leistungen individuell anbieten. Jetzt kostet der Fahrradunterstand vielleicht die Summe X, im nächsten Jahr kann das dafür dann aber ganz anders aussehen.
Henke:
Es kommt noch etwas hinzu: Beim Friseur ist es möglich, Leerzeiten zu verdichten. Jedenfalls dann, wenn die gleiche Zahl an Kunden sich auf vier statt auf fünf Tage verteilt. Auch hier muss man die Mitarbeiter mitnehmen, sonst entsteht der Eindruck, der Chef würde sich auf ihre Kosten bereichern.
Oltmanns:
Genau deshalb habe ich in Mitarbeitergesprächen betont, dass ich die Viertagewoche als ein ganz hohes Gut ansehe. Wir gönnen uns ein langes Wochenende. Klar ist aber auch: Wer einen Arzttermin oder etwas ähnliches hat, sollte den – wenn möglich – auf den Freitag legen.
Henke:
Für mich ist entscheidend, dass der Betrieb keinen Schaden nimmt. Wenn die Mitarbeiter das alles als Benefit sehen, sich die Arbeitszufriedenheit erhöht und die Rechnung am Ende aufgeht, dann ist die Viertagewoche eine gute Sache.
Zuletzt geändert am 13. Dezember 2023