CHANCEN 3/24: Ein Kaffee mit Stephanie von Unruh

Im Netzwerk „Frauen für Diversität im Nordwesten“ engagiert sich Stephanie von Unruh, Geschäftsführerin der Nordwest Mediengruppe, für mehr Frauen in Führungspositionen. Ihr Rat an Unternehmen: schon im Kleinen innovativ denken.

Ein Kaffee mit Stephanie von Unruh

Frau von Unruh, warum ist das Engagement für mehr Diversität Ihnen ein persönliches Anliegen?

Stephanie von Unruh: Wir als Medienunternehmen müssen uns angesichts eines veränderten Mediennutzungsverhaltens und allgegenwärtiger Nachrichtenmüdigkeit fragen, ob der Journalismus, den wir machen, so noch relevant ist. Ob er Menschen berührt, sie informiert, sie unterhält. Um sie zu erreichen, brauche ich Charaktere, die ganz unterschiedliche Sichtweisen und neue Perspektiven mitbringen. Divers besetzte Teams sind der Schlüssel – nicht nur zur Bewältigung dieser Herausforderung. Unsere Arbeit im Netzwerk „Frauen für Diversität im Nordwesten“ soll Unternehmen helfen, den Wert von Diversität zu erkennen. Im Mai 2024 haben wir deshalb zum ersten Mal zu einem öffentlichen Event eingeladen. Das Thema: „Innovation fordern. Diversity fördern.“

Wie kamen Sie selbst zum Netzwerk „Frauen für Diversität im Nordwesten“?

Eingeladen wurde ich 2021 von Marion Rövekamp, damals noch Vorständin der EWE. Schon das erste Treffen war inspirierend, denn egal aus welcher Branche: Uns alle bewegen dieselben Themen. Mit dabei sind aktuell sechs weitere starke Führungspersönlichkeiten großer Oldenburger Wirtschaftsunternehmen: Vera Weidemann (EWE), Dr. Stephanie Abke (EWE Stiftung), Dr. Annette Koch-Wegener (BÜFA), Tanja-Vera Asmussen (LzO), Mirja Viertelhaus-Koschig (VIEROL AG) und Christina Sontheim-Leven (CEWE Stiftung). Es ist mir sehr wichtig, sie hier alle zu nennen, denn die „Bande“, wie wir liebevoll getauft wurden, ist nur gemeinsam stark.

Als Speakerin sind Sie bundesweit zu den Themen KI und Digitalisierung unterwegs, treiben diese auch bei der Nordwest Mediengruppe stark voran. Wie verhält sich KI zur Diversität?

KI ist nicht per se ein Feind der Diversität, indem sie etwa Mitarbeitende ersetzt. Mein Leitspruch ist: KI schenkt dir Zeit. Wenn KI die Routinetätigkeiten erledigt, können wir uns den wichtigen Fragen widmen, darunter: Wie lässt sich im Unternehmen eine Innovationskultur stiften? Die Antwort finden wir, wenn wir schon im Kleinen innovativ denken. Etwa bei der Besetzung von Teamstrukturen.

Haben Sie ein konkretes Beispiel?

Es ist durchaus denkbar, dass eine Frau eine Führungsposition nicht allein ausüben muss, sondern sich diese in Teilzeit mit einer anderen Frau teilt. Ein Modell, das wir bei der Nordwest Mediengruppe derzeit konkret diskutieren. So lassen sich die spannenden Aufgaben einer Führungskraft bewältigen, ohne bei der gemeinsamen Zeit mit der Familie Abstriche machen zu müssen.

Sie hatten schon früh Führungspositionen bei namhaften Medienhäusern inne. Was haben Sie aus dieser Zeit mitgenommen?

Einfach machen! Und den Mut haben, Dinge pragmatisch und manchmal auch radikal anzugehen. Dafür bekam ich zum Glück immer die nötige Gestaltungsfreiheit und die Möglichkeit, viel auszu¬probieren. Dieser Erfahrungsschatz gibt mir eine gewisse Ruhe, mit der ich auch schwierige Themen angehe.

Wo sollen Unternehmen anfangen, um die Mammutaufgabe Diversität zu stemmen?

Viele haben bereits einen einfach strukturierten Rekrutierungsprozess. Da muss man ansetzen: Wie gelingt es, Menschen mit Interesse am Unternehmen einen möglichst unkomplizierten Zugang zu diesem zu ermöglichen? Ich würde raten, bei den Azubis von morgen anzufangen. Mit Schulen zusammenzuarbeiten und sich dort als offener und innovationsgetriebener Arbeitgeber zu präsentieren. Wir sehen anhand der Bewerbungen für unseren Preis für innovative Ausbildungskonzepte (PiA), dass ein Bewusstseinswandel stattfindet, was den Stellenwert einer guten Ausbildung angeht. Und auch das Netzwerken ist wichtig. Der Erfahrungsaustausch mit anderen Betrieben gibt eine Vielfalt an Denkanstößen, die auch das eigene Unternehmen voranbringen könnten.

Apropos Netzwerken: Welches Ziel haben denn die „Frauen für Diversität im Nordwesten“ für 2025?

Wir werden unsere „Bande“ um weitere starke Frauen erweitern, vor allem mit dem Anlie¬gen, noch mehr Branchen ins Boot zu holen und damit einen guten Querschnitt des Nordwestens abzubilden. Im nächsten Jahr möchten wir außerdem einen Schritt weiter in die Öffentlichkeit treten. Dazu gehört natürlich auch wieder eine Veranstaltung, die unseren Gästen wertvolle Impulse rund ums Thema Diversität liefert.

Zur Person

Stephanie von Unruh ist seit dem 1. August 2020 Geschäftsführerin der Nordwest Mediengruppe. Zuvor war sie in Führungspositionen unter anderem bei der FUNKE Mediengruppe und der Axel Springer SE tätig.

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Zuletzt geändert am 14. Februar 2025