Fehlende Kapazitäten im Frauenhaus

Kommunaler Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen* und Häusliche Gewalt

Handlungsbedarf

Im Abschlussbericht der Task Force des Europarates zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen* und Häuslicher Gewalt (EG-TFV (2008)6), auf die sich auch die Istanbul-Konvention bezieht, wird pro 10.000 Einwohner*innen ein Familienplatz (entspricht eine Frau* mit mindestens einem Kind) im Frauenhaus empfohlen. Demzufolge fehlen in Oldenburg mindestens fünf Familienplätze. Erschwerend kommt die schlechte Wohnungsmarktsituation hinzu, die einen Auszug der Frauen* aus dem Frauenhaus erheblich
verzögert, und demzufolge Plätze langfristig belegt sind, die grundsätzlich verfügbar wären. Das Frauenhaus arbeitet eng mit der GSG Oldenburg zusammen, gleichwohl lässt die angespannte Wohnungsmarktsituation schnelle Auszüge nicht zu.

Insbesondere Mütter mit mehreren Kindern müssen aus Platzgründen häufig abgewiesen werden.

Von Gewalt betroffene Frauen*, die wohnungslos, psychisch beeinträchtigt und/oder suchterkrankt sind, können im Frauenhaus nicht aufgenommen werden. Dasselbe trifft auf pflegebedürftige Frauen* zu. Neben der bisher fehlenden räumlichen Ausstattung lassen die personellen Kapazitäten eine Betreuung dieser Personengruppe nicht zu. Jungen* über 12 Jahre dürfen nicht mit ins Frauenhaus einziehen, das führt häufig dazu, dass deren Mütter nicht den Schutz des Frauenhauses in Anspruch nehmen. Im Jugendhilfezentrum der Stadt Oldenburg können die Jungen* grundsätzlich für die Dauer des Frauenhausaufenthaltes der Mutter in Obhut genommen werden. Diese Möglichkeit wird aus verschiedenen Gründen selten genutzt.

Für junge erwachsene Frauen* mit sehr hohem Unterstützungsbedarf fehlen im Frauenhaus personelle Kapazitäten, um diese adäquat zu unterstützen.

Konkret konnten 150 Frauen* mit 239 Kindern im Jahr 2019 nicht aufgenommen werden.

Handlungsempfehlung: Aufbau und Förderung eines zweiten Frauenhauses / „Oranje Huis“

In Oldenburg fehlen mindestens fünf Frauenhausplätze. Ergänzend zum bestehenden Frauenhaus wird empfohlen, nach niederländischem Vorbild ein „Oranje Huis“ einzurichten. Im Gegensatz zu „traditionellen Frauenhäusern“ ist die Adresse öffentlich bekannt, gut sichtbar und nicht vor der Allgemeinheit versteckt. Dadurch wird ein niedrigschwelliges Beratungs- und Schutzangebot geschaffen, das zeitgleich die Enttabuisierung der Thematik Partnerschaftsgewalt vorantreibt. Das „Oranje Huis“ bietet Beratung und Unterstützung für alle Familienmitglieder. Die Sicherheit muss gewährleistet sein, daher wird mit allen Hilfesuchenden bei der Aufnahme eine Risikoeinschätzung durchgeführt. Für diejenigen, die einem hohen Gewaltrisiko ausgesetzt sind, kommt diese Schutzmöglichkeit nicht in Frage.

Anmerkungen:

Im Juli 2020 wurde das barrierefreie Frauen- und Kinderschutzhause in Trägerschaft der Landkreise Ammerland und Wesermarsch mit dem Diakonischen Werk als Betreiber eröffnet. Hier werden 12 Plätze für Frauen* und 21 für Kinder in einzelnen Wohneinheiten geschaffen, die flexibel miteinander zu verbinden sind. Zusätzliche Schlafplätze können zudem noch variabel geschaffen werden. Aufgrund der getrennten Wohneinheiten können auch ältere Jungen* mit ihren Müttern in das Frauenhaus einziehen. Zudem können sowohl pflegebedürftige Opfer Häuslicher Gewalt als auch Frauen* mit psychischen oder Suchterkrankungen aufgenommen werden.

Auch im Landkreis Oldenburg soll der geplante Neubau des Frauen- und Kinderschutzhauses Platz für dann zehn Frauen* und mindestens 20 Kinder in insgesamt fünf separaten Wohneinheiten bieten. Das derzeitige Frauen- und Kinderschutzhaus stellt lediglich für sechs Frauen* und vier Kinder Plätze zur Verfügung.

Ebenfalls plant der Landkreis Cloppenburg ein neues Frauen- und Kinderschutzhaus mit voraussichtlich acht Plätzen.

Vor diesem Hintergrund ist die Bedarfsentwicklung für ein weiteres Frauenhaus in Oldenburg abzuwarten. Gleichzeitig sind jedoch Überlegungen anzustellen, wie das Autonome Frauenhaus den Erfordernissen entsprechend barrierefrei ausgebaut werden kann.

Handlungsempfehlung: Aufbau und Förderung eines Frauenhauses für Frauen mit speziellen Bedarfen

Im Autonomen Frauenhaus können gewaltbetroffene Frauen* mit bestimmten Merkmalen wie Obdachlosigkeit oder einer Suchterkrankung nicht aufgenommen werden. Daraus folgt, dass für diese Gruppe ein Schutzangebot geschaffen werden muss.

Handlungsempfehlung: Aufbau und Förderung einer Zufluchtsstätte für Mädchen* und Frauen* bis 27 Jahre

Für heranwachsende Frauen* mit sehr hohem Unterstützungsbedarf wird ein Zufluchtsangebot empfohlen.

Zuletzt geändert am 19. April 2024