Erinnerung an Schicksale jüdischer Familien
Neue Erinnerungszeichen aufgestellt – Ende des Jahres 86 Erinnerungszeichen an 37 Orten
Gegen das Vergessen: Erinnerung an Schicksale jüdischer Familien
Sie reisten aus der Schweiz, den Niederlanden, Israel und den USA an, um bei diesem besonderen Empfang am Freitag, 24. Januar 2025, im Alten Rathaus dabei sein zu können: Nachkommen der Familien de Beer und Josephs sorgten mit ihrer Anwesenheit für ein bewegendes Zeichen des gemeinsamen Erinnerns an die Schicksale ihrer Vorfahren. In ihrer Begrüßungsrede stellte Bürgermeisterin Christine Wolff die Idee hinter den Erinnerungszeichen vor, die seit 2021 an jenen Orten, an denen von den Nationalsozialisten verfolgte und ermordete jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger lebten und wirkten, „auf Augenhöhe“ angebracht werden – als Wandtafeln an der Fassade und als Stelen auf öffentlichem Grund. Errichtet werden sie von der Oldenburger Bürgerstiftung gemeinsam mit der Stadt Oldenburg und in Zusammenarbeit mit dem Verein Werkstattfilm. Es war mittlerweile die fünfte Veranstaltung dieser Art im Rathaus, weitere sind in Planung.
Lob für sehr engagierte Zivilgesellschaft Oldenburgs
Wolff sagte mit Blick auf die Anwesenden: „Ihre Bereitschaft, hier zu sein, erfüllt uns mit tiefstem Respekt und Dankbarkeit. Sie alle erinnern uns daran, dass wir aus der Geschichte lernen müssen, damit sich solche grauenvollen Menschheitsverbrechen niemals wiederholen.“ Oldenburg war zu Zeiten des Nationalsozialismus „trauriger Vorreiter“ gewesen: Als erstes von 17 Ländern im Deutschen Reich entstand hier eine nationalsozialistische Alleinregierung, auch in unserer Stadt wurde jüdischen Bürgerinnen und Bürgern unermessliches Leid zugefügt.
Umso mehr sei es laut Wolff die Aufgabe und Verantwortung der Stadt, heute „Räume für Erinnerungskultur und demokratischen Dialog zu schaffen“. Die Erinnerungszeichen seien ein Ausdruck dafür, dass Oldenburg sich für eine offene, tolerante und vielfältige Gesellschaft einsetzt. Zudem lobte Wolff die „sehr engagierte Zivilgesellschaft in Oldenburg“, bei der zuletzt gut 7.000 Bürgerinnen und Bürger am vergangenen Wochenende auf dem Schlossplatz gegen rechtes Gedankengut protestierten.
Der Vorsitzende der Bürgerstiftung und ehemalige Oldenburger Oberbürgermeister Dietmar Schütz gab vertiefende Einblicke zu den Familiengeschichten. Zudem trat Gideon de Beer ans Mikrofon, um einige bewegende Worte zu sprechen. Er ist ein Sohn der Holocaustüberlebenden Hannelore Josephs und Wilhelm de Beer, die in Israel zusammengefunden haben. Als Dank im Namen der gesamten Nachfahren überreichte er Geschenke an Christine Wolff, Dietmar Schütz sowie an Dr. Klaus Thörner und Cordula Behrens von der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Die Musikschule Oldenburg sorgte für eine passende musikalische Untermalung im Rathaus. Besonders berührend war der Moment, als der gesamte Saal leise bei der Gitarrenbegleitung zu „Hallelujah“ mit einstimmte. Zudem begleitete der 30-köpfige Chor des Herbartgymnasiums das Aufstellen der Erinnerungszeichen in der Ziegelhofstraße.
86 Erinnerungszeichen an 37 Orten
Nach der Gedenkveranstaltung im Rathaus folgte im Beisein der Nachkommen der Familien die Busfahrt zur Aufstellung der Erinnerungszeichen an der Ziegelhofstraße 82 für Lisbeth, Siegfried und Klaus Josephs, in der Ziegelhofstraße 87 für Simon, Margarethe, Irmgard und Kurt Lazarus, am Hochheider Weg 3 für Ilse Hirsch, geborene de Beer, und an der Hermann- Ehlers-Straße 3 für Julius de Beer und Albertine Vyth. Ende des Jahres wird die Zahl der Erinnerungszeichen in Oldenburg insgesamt 86 betragen, die es dann an 37 Orten geben wird. Mit dieser Art der Erinnerungskultur folgt die Stadt Oldenburg der Stadt München, die seit 2018 über 100 Erinnerungszeichen aufgestellt hat.
Aktuelle Ausstellung über jüdische Kaufleute in Oldenburg
Dass so viele Nachfahren der jüdischen Familien de Beer und Josephs nun den Weg nach Oldenburg fanden, lag an den unermüdlichen Bemühungen der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Zu deren Ausstellungseröffnung „Die jüdischen Kaufleute Oldenburgs und ihre Werbeanzeigen von 1812-1938“, die seit dem 23. Januar 2025 zum zweiten Mal zu sehen ist, reisten 29 Nachfahren aus aller Welt an. In der Ausstellung wird der Beitrag jüdischer Kaufleute zum wirtschaftlichen und kulturellen Leben unserer Stadt deutlich. Zu sehen ist diese im Staatlichen Baumanagement Nordwest, Georgstraße 37-39, bis zum 2. Februar 2025 täglich von 11 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Die Ausstellung wird von der Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg, der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, der Oldenburger Bürgerstiftung und der Oldenburgischen Landschaft unterstützt. Für Schulklassen werden nach Vereinbarung Führungen angeboten.
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Zuletzt geändert am 28. Januar 2025