Stadtgeschichtliche Ereignisse

Die Jahre 1921 bis 1932

Oldenburg wird größer

Schon seit Ende des 19. Jahrhunderts wurde im Magistrat, in Bürgervereinen und durch Gemeindevertreter Oldenburgs über die Eingemeindungen von Eversten, Ohmstede und Osternburg diskutiert. Oberbürgermeister Goerlitz erreichte während seiner Amtsperiode die Eingemeindungen der Ortschaften Eversten und Osternburg und beseitigte so die räumliche Einengung der Stadt. Osternburg zählte seit dem 1. Oktober 1922 und ein Teil von Eversten seit dem 1. August 1924 zum Stadtgebiet Oldenburgs. Die Verhandlungen mit Ohmstede blieben zunächst ergebnislos, da sich die Landbevölkerung einer Eingemeindung gegenüber ablehnend verhielt. Die Stadt Oldenburg wuchs mit Osternburg und Eversten von 33.000 Einwohnern auf knapp 53.000 Einwohner im Herbst 1924. Die Vorteile für die Stadt waren der Raumgewinn für  Wohnungsbau und Industrieansiedlungen sowie steigende Steuereinnahmen.

Goerlitz betrieb eine vorausschauende Ansiedlungs- und Industriepolitik. 1924 wurde die Oldenburger Fleischwarenfabrik mit einem Werk an der Industriestraße gegründet, was rund 500 Arbeitsplätze schuf. Im Jahr 1926 richtete Goerlitz den Oldenburger Zentralviehmarkt an der Ulmenstraße in Osternburg ein, quasi als Gegenstück zum preußischen Viehmarkt in Leer.

Goerlitz’ Verdienst war es auch, die Wismarer Ingenieurakademie mit all seinen Studenten und Dozenten nach Oldenburg umzusiedeln, als die Lehranstalt 1922 die unter Raumproblemen litt. An der Akademie studierten über 400 Studenten in den Fächern Architektur, Bauingenieurwesen, Elektrotechnik oder Maschinenbau. Die Ingenieurakademie war im ehemaligen Garnisonslazarett an der Willerstraße (heute Berufsbildende Schulen III) untergebracht.

Inflation und Nahrungsmangel in der Nachkriegszeit

Nach dem Ersten Weltkrieg herrschte auch in Oldenburg eine enorme Wohnungsnot. Zahlreiche Flüchtlinge und nach Oldenburg versetzte Reichsbeamte mussten untergebracht werden. Im August 1921 wurde auf Initiative von Oberbürgermeister Goerlitz die Gemeinnützige Siedlungsgemeinschaft (GSG) gegründet, um den Wohnungsbau in Oldenburg weiter anzukurbeln. Von 1919 bis 1926 entstanden rund 2.050 Wohnungen durch städtische oder privatwirtschaftliche Initiative. Die Wohnungsnot konnte zwar gelindert, aber nicht völlig behoben werden.

Auch die Inflation nahm in den Nachkriegsjahren einen rasanten Verlauf. Betrug im Januar 1919 der durchschnittliche Wochenverdienst eines Oldenburger Maschinenarbeiters 75,29 Mark so lag dieser im August 1923 bei Elf Milliarden Mark. Die Versorgung der Stadt mit Kohlen und Kartoffeln war 1923 so mangelhaft, dass einem städtischen Bericht zufolge zahlreiche Menschen auch tagsüber im Bett lagen, um Energie und Nahrung zu sparen. Nach dem Winter 1923 /24 und der Währungsreform besserte sich auch die wirtschaftliche und soziale Lage in Oldenburg.

Kultur

Für das kulturelle Leben Oldenburgs in den 1920er Jahren war die Erhaltung des einst großherzoglichen Theaters bedeutsam. Nach dem Thronverzicht des Großherzogs hatte die Stadt Oldenburg das Theater  als "Oldenburger Landestheater" übernommen. Das in Oldenburg vergleichsweise stark vertretene Bürgertum stellte einen Großteil des Publikums. 1921 wurde unter Federführung des Oldenburger Schriftstellers August Hinrichs eine Laienbühne eingerichtet (Niederdeutsche Bühne Oldenburg), die 1923 an das Landestheater angegliedert wurde. Ende der 20er Jahre formierte sich zunehmend aus den Reihen der NSDAP Widerstand gegen das Theater, dessen Ausschussvorsitzender Oberbürgermeister Goerlitz war.1931 schließlich erreichte die rechtsbürgerliche Machtgruppe die Hälfte der Ausschusssitze des Theaters. Als die NSDAP 1932 die absolute Mehrheit bei den Landtagswahlen erhielt, kündigte der bisherige Intendant Götze, da die Freiheit in der Gestaltung des Spielplanes nicht mehr gegeben war.

Politik, Wirtschaftkrise und Aufstieg der NSDAP

Goerlitz war Oberbürgermeister der so genannten Weimarer Koalition, dem Koalitionsbündnis aus SPD, Zentrum und DDP (Deutsche Demokratische Partei). 1928 war er für acht Jahre wieder gewählt worden, obwohl die ihn stützenden Parteien zu dieser Zeit schon keine Mehrheit mehr im Stadtrat hatten. Ein großer Teil der Oldenburger stand der Weimarer Republik ablehnend gegenüber. Die Verantwortung für die Notlage der Bevölkerung wurde reichsweit der Weimarer Koalition zugeschoben und diese Stimmung wurde von den Rechtskonservativen ausgenutzt. Ab 1928 war der politische Wandel auch in Oldenburg deutlich zu erkennen. Antisemitische Hetze beeinflusste zunehmend politische und kulturelle Veranstaltungen. So wurde am 31. März 1928 im Oldenburger Ziegelhof das Familiendrama Blutsünde von Heinz Faber aufgeführt, das heftig gegen Juden anstachelte. Die NSDAP veranstaltete fortan monatliche „Werbeveranstaltungen“ in Oldenburg.

Der so genannte Schwarze Freitag, der Tag des Zusammenbruchs der New Yorker Börse am 24. Oktober 1929, leitete eine Wirtschaftkrise ein, die sich auch in Oldenburg auswirkte. Ganze Betriebe wurden stillgelegt und die Arbeitslosenzahlen schnellten in die Höhe. Mit Notstandsarbeiten, vor allem am Küstenkanal und im Straßenbau, versuchte die Stadt auf Initiative von Goerlitz die Not zu lindern.

Bei den Stadtratswahlen am 9. November 1930 war die NSDAP überraschender Sieger. Mit der Unterstützung politisch nahe stehender Gruppierungen gewann sie die Mehrheit im Oldenburger Stadtrat. Seit dem waren die Nationalsozialisten in der Stadt nicht mehr zu übersehen. Als am 24. Februar 1931 Großherzog Friedrich August starb, marschierten im Trauerzug NSDAP-Vertreter bereits an dritter Stelle, der Oberbürgermeister folgte erst auf Rang 16. Als Hitler am 10. Mai 1931 zum Wahlkampf für die Landtagswahl nach Oldenburg kam, waren die Straßen dicht gesäumt und er sprach vor großem Publikum auf dem Oldenburger Pferdemarkt.

Seit dem Wahlsieg der Nationalsozialisten bei den Kommunalwahlen 1930 gab es immer wieder Versuche, Oberbürgermeister Goerlitz abzuwählen. Trotz aller Bemühungen durch NSDAP und DNVP (Deutschnationale Volkspartei) blieb der Oberbürgermeister zunächst im Amt, da das Oldenburgische Staatsministerium die Zustimmung zu seiner Entlassung verweigerte. Bei den Landtagswahlen vom 29. Mai 1932 erreichte die NSDAP die absolute Mehrheit im Landtag des Freistaates Oldenburg. Carl Röver wurde am 16. Juni 1932 zum Ministerpräsidenten gewählt. Am 21. November 1932 teilte Röver Oberbürgermeister Goerlitz ohne Begründung dessen Entlassung mit.  Goerlitz verließ Oldenburg im Dezember 1932.

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Zuletzt geändert am 4. November 2024