August Hinrichs
Über August Hinrichs
- geboren am 18. April 1879 in Oldenburg
- 1886: Besuch der Stadtknabenschule in Oldenburg
- 1893: Tischlerlehre in der Werkstatt seines Vaters in der Kriegerstraße
- 1898: „auf der Walz“ in Deutschland, Oberitalien und Österreich-Ungarn
- 1900: Rückkehr nach Oldenburg, Militärdienst und Arbeit in der Werkstatt des Vaters
- 1905: Meisterprüfung
- 1906: Eröffnung der eigenen Tischlerwerkstatt in Oldenburg
- 1914 bis 1918: Soldat an der Westfront
- 1919: verstärkt schriftstellerische Tätigkeit, erste Bühnenstücke für den Oldenburger Turnerbund (OTB)
- 1921: Gründungsmitglied des Heimatvereins „Ollnborger Kring“
- 1929: Aufgabe des Tischlerberufes und freie Schriftstellerei
- 1930: Durchbruch mit dem Bühnenstück „De Swienskomödi“ (Verfilmungen von 1934 und 1955 als „Krach um Jolanthe“)
- 1934: Uraufführung von „De Stedinge“ in Altenesch (weitere Aufführungen auf der Freilichtbühne „Stedingsehre“ in Bookholzberg 1935 und 1937)
- 1935: Landesleiter der Reichsschrifttumskammer für den Gau Weser-Ems
- 1937: Mitglied in der NSDAP (Nr. 4677385)
- 1939: Umbenennung der Niederdeutschen Bühne am Oldenburgischen Staatstheater » in „August-Hinrichs-Bühne“ (rückgängig gemacht im Jahr 2024)
- 1941: Teilnahme am Weimarer Dichtertreffen
- 1944: Ehrenbürgerwürde der Stadt Oldenburg (wieder entzogen im Jahr 2015)
- gestorben am 20. Juni 1956 in Huntlosen
Deutscher Heimatschriftsteller
Der in Oldenburg geborene August Hinrichs war ein deutscher Heimatschriftsteller, zu dessen bekanntesten Stücken die Bauernkomödien „Swienskomödi“ (1930), „Wenn de Hahn kreiht“ (1933) und „För de Katt“ (1938) gehören. Er war Mitbegründer des „Ollnborger Kring“ von 1921, einem bis Ende 2014 aktiven und über die Oldenburger Stadtgrenzen hinaus bekannten Verein für die niederdeutsche Lebensart und das plattdeutsche Wort.
Vom Tischler zum Schriftsteller
Der gelernte Tischler Hinrichs ging 1898 zunächst für zwei Jahre auf die Walz, die ihn durch Deutschland, Oberitalien und Österreich-Ungarn führte. Nach seiner Rückkehr machte er die Meisterprüfung und eröffnete 1905 eine eigene Tischlerei. Von 1914 bis 1918 diente er im Ersten Weltkrieg als Soldat an der Westfront. Nach 1918 nahm er seine handwerkliche Arbeit zwar wieder auf, verlegte seinen Schwerpunkt aber immer mehr auf die schon vor dem Krieg begonnene schriftstellerische Tätigkeit. Bereits damals hatte er für den Oldenburger Turnerbund, dessen Mitglied er war, kleine Theaterstücke geschrieben, die von der Laienspielgruppe des Vereins aufgeführt wurden. Da seine Werke früh großen Anklang fanden, schrieb er umfangreichere Stücke wie „Kinder der Sehnsucht“ (1909), „Frithjof“ (1911) oder auch „De Aukschon“ (1913). Diese wurden sogar im Oldenburger Hoftheater, dem heutigen Staatstheater, aufgeführt.
Erfolg im deutschsprachigen Raum
In der Zeit von 1919 bis 1929 erzielte Hinrichs auch mit seinen Romanen große Erfolge. Er hatte sich als Autor etabliert und konnte ab 1929 als freier Schriftsteller von seiner Tätigkeit leben. Der Oldenburger Heimatdichter wurde in der Folgezeit zu einem der bedeutendsten Repräsentanten der niederdeutschen Literatur, der mit seinen Werken im gesamten deutschsprachigen Raum erfolgreich war.
Ablehnung der Weimarer Republik
Seine oberflächlich betrachtet zwar unpolitischen Werke lassen dennoch eine national-konservative Grundhaltung und die Ablehnung der Weimarer Republik erkennen. Die Nähe zu ihrer Ideologie machte ihn für die Nationalsozialistinnen und Nationalsozialisten interessant und Hinrichs seinerseits war hocherfreut über die Aufmerksamkeit und Förderung seiner Arbeit durch die neuen Machthaber. Hierin zeigt sich „seine unkritische und naive Einschätzung der veränderten Machtverhältnisse“ und sein „Mangel an kritischer Distanz und politischem Weitblick“. (Anke Finster, Seite 55)
Stück über die Opferbereitschaft der Stedinger Bauern
Von der Würdigung durch die Nationalsozialistinnen und Nationalsozialisten beeinflusst, hatte sich der Schriftsteller bereitwillig für ihre Propaganda vereinnahmen lassen: 1934 fand die Uraufführung seines Stückes „De Stedinge. Spiel vom Untergang eines Volkes“ statt, ein Stück über die Opferbereitschaft der Stedinger Bauern. Der Anlass hierfür war die 700-Jahr-Feier der Schlacht von Altenesch. Auf Veranlassung des Gauleiters Carl Röver wurde das Stück zwischen 1935 und 1937 auf der eigens dafür errichteten Freilichtbühne „Stedingsehre“ in Bookholzberg mehrfach vor Tausenden von Zuschauern aufgeführt. Der Mythos über die für ihre Freiheit kämpfenden Stedinger Bauern wurde sehr erfolgreich und mit großem Pomp für die NS-Ideologie inszeniert und die „Kampfmoral und Widerstandskraft der Bauern, mit denen sich der Zuschauer identifizieren soll, […] als beispielhaft dargestellt.“ (Anke Finster, Seite 75)
Weitere Stücke, die der NS-Propaganda dienten
Weitere der NS-Propaganda dienliche Stücke waren „Petermann fährt nach Madeira“ (1936), ein Lustspiel über die NS-Organisation „Kraft durch Freude“, die für die Gestaltung, die Überwachung und die Gleichschaltung der Freizeit des Deutschen Volkes zuständig war. Oder auch das anlässlich der Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Gauleiter Carl Röver veröffentlichte Schauspiel „Tilly vor Oldenburg“ (1939), das zur Stärkung der Kriegsmoral geschriebene „Steding Renke. Spiel vom Opfergang eines Volkes“ (1939) sowie das im Krieg geschriebene Durchhalte-Stück „Sware Tieden“ (1944).
Nutznießer der NS-Politik
Hinrichs war Nutznießer der NS-Politik. So wurde er 1935 mit Unterstützung von Gauleiter Röver zum Landesleiter der Reichsschrifttumskammer (RSK) im Gau Weser-Ems. Die RSK unterstand der direkten Aufsicht des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda und war ein Werkzeug der Machthaber zur Kontrolle und Mobilisierung und letztlich zur Gleichschaltung des Kulturlebens. Hinrichs Aufgabe war es, regionale Aktivitäten einzelner Verbände zu koordinieren und Einzelmitglieder zu kontrollieren – allerdings soll er in dieser Funktion einige verfolgte Schriftsteller-Kollegen gelegentlich auch unterstützt haben. Erklärtes Ziel der RSK war es jedoch „den Berufsstand von unerwünschten ‚Elementen‘ und den Büchermarkt von ‚undeutschem Gut‘ rein zu halten.“ (Rolf Düsterberg, 2004)
Anerkennung und Preise durch Nationalsozialistinnen und Nationalsozialisten
Darüber hinaus erhielt der Schriftsteller Hinrichs Anerkennung und Preise durch die Machthaber des NS-Regimes wie den Stavenhagen-Preis des Niederdeutschen Bühnenbundes (1938), die Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft (1939 von Hitler persönlich verliehen), den Gau-Kulturpreis (1943) und die Ehrenbürgerwürde von Oldenburg (1944). Im Jahr 1939 wurde die Niederdeutsche Bühne im Staatstheater Oldenburg ihm zu Ehren in „August-Hinrichs-Bühne“ umbenannt. Die Umbenennung wurde im Jahr 2024 allerdings rückgängig gemacht, da sich Hinrichs wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge nie grundsätzlich vom Nationalsozialismus distanziert hatte. Bereits im Jahr 2015 war ihm aus den gleichen Gründen die Ehrenbürgerwürde wieder entzogen worden ».
Mehrfach nahm Hinrichs an Treffen des „Eutiner Dichterkreises“ teil, einer 1936 gegründeten bedeutenden nationalsozialistischen Schriftstellergruppe. Auch am „Weimarer Dichtertreffen“ beteiligte sich Hinrichs 1941. Dieses vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda ausgerichtete Dichtertreffen fand jährlich statt und war die wichtigste deutsche Literaturveranstaltung im Dritten Reich.
Verleihung des Bundesverdienstkreuzes
Obwohl er 1937 in die NSDAP eingetreten war, hatte es Hinrichs immer vermieden, sich eindeutig zum Nationalsozialismus zu bekennen. Und dank der Aussagen von Freunden wurde er im Entnazifizierungsverfahren nach dem Krieg als „entlastet“ eingestuft. Allerdings hatte er sich auch nach 1945 nie vom NS-Regime und seiner eigenen Rolle darin distanziert oder sich kritisch darüber geäußert. Die Bundesrepublik Deutschland verlieh Hinrichs im Jahre 1954 das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse.
Zitate aus:
Anke Finster, Der Oldenburgische Schriftsteller August Hinrichs (1879-1956), Neumünster 1990
Rolf Düsterberg, Reichsschrifttumskammer (RSK), 2004, http://www.polunbi.de/inst/rsk.html (Stand 2. November 2015)
Der Nachlass von August Hinrichs befindet sich in der Landesbibliothek Oldenburg; ebenso wie die „August-Hinrichs-Akte“ des Oldenburger Hinrichs-Kritikers Klaus Dede.
Zuletzt geändert am 11. November 2024