Brigitte Schulten: Wir, Ihr, Sie. Oder das Schicksal unserer Wege

Der Roman „der Würfler“ zeigt uns auf, wie unendlich die Vielfalt unserer Lebenswege ist. Eine uralte Idee. Im neuen Testament würfelten Soldaten um das heilige Gewand unterm Kreuz. Es war wertvoll ohne Naht, in einem Stück gewebt. Sie ersetzten die Willkür durch den Zufall. Mein Foto zeigt ein Halma Spiel. Auf ein von mir gemaltes Spielfeld würfelte ich eine Handvoll Spielfiguren. Menschen. Sie liegen dort, sind gestürzt oder stehen aufrecht. Vereinzelt. Geordnet laut Spielplan. Sind vielleicht verzweifelt oder gefallen? Gruppieren sich zu zweit zu vielen. Was ist richtig? Der Zufall? Das Schicksal? Mit Würfeln geben wir etwas aus der Hand. Wir müssen nicht mehr selbst entscheiden. Über der Szene liegt ein Schatten wie über Jeglichem. Es kann eine Belastung bedeuten. Dunkelheit kann erschrecken, der Schatten aber auch kühlen, oder ist es der Schwung der Freiheit, die Notwendigkeit? Wir finden uns doch ständig zwischen Freiheit und Notwendigkeit. Den Zufall gibt es nicht, sagt Einstein. Gott würfelt nicht, sein Zitat. Alles hat System und Ordnung und die Kunst ist nicht dazu da, etwas zu erklären. Sie hüllt sich in ein Geheimnis, regt vielleicht zum Denken an.

Zuletzt geändert am 1. August 2024