Geschichte
Die Anfänge
Schon am Anfang des 16. Jahrhunderts bewahrte man „uffm Rathhuse“ alle Privilegien und Briefe der Stadt in genau bezeichneten Schachteln auf. Im Jahre 1664 nahm man erstmals Nachrichten über eine Ordnung der Magistratsregistratur in die Bestallung für den Syndikus der Stadt, Dr. Anton Günther Fritzius, auf. Ein Inventar aus dem Jahre 1725 lieferte genaue Hinweise, in welchen Schränken und Stuben des alten Rathauses von 1635 Urkunden, Bücher und die „alten abgetanen Akten“ aufbewahrt wurden. Bei der Einführung der neuen Stadtordnung von 1833 veranlasste der damalige Stadtsyndikus und späterer langjähriger Stadtdirektor J. H. Carl Wöbcken, der alten und der laufenden Rathausregistratur eine Einteilung zu geben, die sich heute noch in den Abschnitten 1 bis 20, 21, 22 und 23 des Altbestandes des Stadtarchivs wiederfindet.
Der beim Rathausbau in den Jahren 1885 bis 1888 ursprünglich vorgesehene Archivraum wurde kurz nach dem Einzug von der Verwaltung in Anspruch genommen, so dass Akten und Amtsbücher, aber auch die wertvollen Urkunden ungeordnet und ungesichert auf den Boden des Rathauses kamen. Erst auf Veranlassung des damaligen Oberlehrers und späteren, ersten, langjährigen Stadtarchivars Prof. Dr. Dietrich Kohl bewilligte der Magistrat am 29. März 1903 Hundert Goldmark, um die Archivalien in langwieriger Arbeit vom Rathausboden herunter zu transportieren, sie in einem ungeheizten Keller der damaligen Oberrealschule (des heutigen Herbartgymnasiums) vom Staub der Jahre zu befreien und sie nach und nach für eine wissenschaftliche Nutzung zu erschließen.
Diese notdürftige Unterbringung dauerte bis zum Jahr 1913, als die Bestände in das von der Spar- und Leihbank angekaufte Haus Markt 6 (früher Nummer 8) überführt wurden. Dort war es möglich, die besonders wertvollen Teile des Archivs in den ehemaligen Banktresoren feuersicher unterzubringen. Erstmals gab es auch einen besonderen Raum für die Archivbenutzer. Doch Heizung und Belüftung waren noch immer unzureichend. Ab 1927 zog das Archiv in geräumige Zimmer im Keller der damaligen Knabenmittelschule Margaretenstraße 46 (der heutigen Paulusschule) um. Auch hier verfügte es über einen besonderen Arbeitsraum für die Benutzer.
Nachteilig wirkte sich die große Entfernung zum Rathaus am Markt, zum Landesarchiv und zur damaligen Landesbibliothek am Damm aus. Die anfängliche Freude über die angenommene bessere Unterbringung wich bald der Enttäuschung, weil die Räume viel zu feucht waren, um dort Archivalien schadlos unterzubringen.
Während der Zeit des Nationalsozialismus
Später brachte man das Archiv im Dachgeschoss des früheren Landtagsgebäudes am Dobbenteich unter. Am 20. November 1935 war dieser neue Aufenthaltsort für das Archiv eingerichtet. Keine drei Jahre blieben die Bestände, soweit sie nicht in verschiedenen Schuppen und auf Schulböden lagerten, an diesem Ort. Die schon im Juni 1933 erstmals erwogene Übersiedlung ins Heimatmuseum Rosenstraße 33 ordnete der Oberbürgermeister Mitte 1938 an, wohin auch die Akten aus fast allen Außenlagern überführt wurden. Während des Krieges, am 8. April 1943, unternahm der damalige Kreisleiter der NSDAP mit Unterstützung der Spitzen der Stadtverwaltung den Versuch, das Gebäude des Heimatmuseums und der Theodor-Francksen-Stiftung für sich als Dienstwohnung zu erhalten, was eine vollständige Räumung der Gebäude zur Folge gehabt hätte. Nur dem Verhandlungsgeschick des damaligen Archivleiters war es zu verdanken, dass niemand es wagte, eine solche dem Testament des Stifters zuwiderlaufende Nutzung durchzusetzen.
Die ersten Bomben des 2. Weltkrieges waren schon am 18. Juni 1940 in der Umgebung des Pferdemarktes und damit in unmittelbarer Nähe des Archivs gefallen. Auf Weisung des Reichsministers des Innern begann das Stadtarchiv in Zusammenarbeit mit dem Oldenburgischen Staatsarchiv, aus Sicherheitsgründen seine wichtigen Bestände in weniger luftangriffgefährdete Gebiete auszulagern. Von Januar 1943 bis Herbst 1944 wurden über 40 Kisten mit Archivalien in die Gaskammern der Ziegelei Scharrel, Kreis Cloppenburg, gebracht, deren starke Betondecken als genügend bombensicher angesehen wurden. Ab Januar 1944 gelangten mehr als 40 Kisten per Bahn in die Schächte des Kalibergwerkes der Gewerkschaft Braunschweig-Lüneburg in Grasleben nördlich von Helmstedt. Weitere Kisten wurden bei den Volksbanken in Pösneck, Kreis Saalfeld, und in Waltershausen/Thüringen sowie bei den Commerzbank-Filialen in Plauen und in Zeulenroda/Thüringen deponiert.
Nach dem Zweiten Weltkrieg
Die Deponierung von Beständen außerhalb des Archivgebäudes erwies sich später als wirksame Vorsichtsmaßnahme. Bei der Beschießung der Stadt im April 1945 wurde das Gebäude Rosenstraße 33 mehrfach von Artilleriegeschossen getroffen. Die nach Scharrel ausgelagerten Bestände kamen im Juni 1946 zwar geplündert, aber noch weitgehend vollständig wieder zurück. Die ins Salzbergwerk verbrachten Kisten waren zum Glück gerade noch – nur 2.000 Meter von der Demarkationslinie entfernt – in der damaligen britischen Zone verblieben. Auch sie kamen – mit Unterstützung der britischen Besatzungsmacht – bis auf eine Kiste im Sommer 1946 wieder nach Oldenburg zurück. Was mit den Deposita bei den verschiedenen Banken geschah, ließ sich aus den noch vorhandenen Akten nicht entnehmen.
Kaum waren die Archivalien wieder in Oldenburg, begann der nächste Umzug. Von Anfang 1948 bis zum Beginn des kommenden Jahres transportierte man sie in Erdgeschossräume der früheren Kaserne Pferdemarkt 16, wo auch sonstige städtische Dienststellen untergebracht waren.
Doch als die Bundeswehr die Kasernen wieder benötigte, musste das Stadtarchiv erneut weichen. Das Bundesvermögensamt vermietete der Stadt ab 1956 Räume im 1. Stock des entfestigten Hochbunkers an der Moslestraße, wo die Archivalien nur auf dem Betonboden lagerten und später, als die Fensterscheiben weitgehend eingeworfen waren, dem Wetter zumeist ungeschützt ausgesetzt waren.
Als der Direktor des Niedersächsischen Staatsarchivs, das die Aufgaben des Archivpflegers für die Kommunalarchive wahrnahm, im Januar 1962 zufällig die schlechte Unterbringung des städtischen Archivs feststellte, bot der Staat der Stadt an, ihre Archivbestände in den Neubau des Staatsarchivs Oldenburg am Damm zu überführen, dort kostenlos zu deponieren und sie der wissenschaftlichen Nutzung zugänglich zu machen. Der mit der Stadt am 3. September 1962 geschlossene und bald danach auch vollzogene Depositalvertrag verhinderte, dass die städtischen Archivalien, für die die Lagerung im Hochbunker vom Bund schon für Ende Juni 1962 gekündigt war, erneut nur provisorisch untergebracht wurden. Nach fast 60 Jahren endete damit eine ständige Wanderschaft des Archivs und seiner Bestände.
Zuletzt geändert am 8. August 2024