Wie entsteht eine neue Schule?
Von der Idee bis zur Einweihung
Dir ist bestimmt schon mal aufgefallen, dass Schulen und Kindergärten ganz anders sind, als das Haus oder die Wohnung, in der du wohnst. Woran mag das liegen? Zuhause gibt es ein Wohnzimmer, eine Küche, mehrere Schlafzimmer. In Schulen oder Kindergärten ist das etwas anders. Hier treffen sich ganz viele Kinder aus verschiedenen Familien mit ihren Lehrerinnen und Lehrern oder Kindergärtnerinnen und Kindergärtnern um zu lernen und zu spielen. Die Gebäude sind viel größer und haben viele gleiche aber auch einige sehr unterschiedliche Räume.
Welche Räume braucht man in einer Kita oder einer Schule?
Zum Lernen braucht ihr einen Klassenraum. Zum Spielen braucht ihr einen Gruppenraum. Für Sport braucht ihr eine Turnhalle. Zum Werken braucht ihr einen Werkraum. Zum Malen braucht ihr einen Kunstraum. Ihr braucht natürlich Toiletten und eine Pausenhalle für Pausen bei schlechtem Wetter. Die Lehrerinnen und Lehrer brauchen ein Lehrerzimmer. Und vieles andere mehr ...
Damit eine Schule oder ein Kindergarten genau die richtige Größe hat und alle Räume vorhanden sind, müssen vor dem Bau einer neuen Schule oder eines neuen Kindergartens viele Dinge bedacht werden.
Die neue Schule
Ich, Rolf Ellermann, will einmal versuchen, euch am Beispiel einer neuen Schule zu erklären, was alles gemacht werden muss, damit am Ende alle mit der neuen Schule zufrieden sind. Schulen sind öffentliche Gebäude, das heißt sie werden für alle Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt Oldenburg gebaut. Ich arbeite bei der Stadt Oldenburg und bin Architekt.
Was macht ein Architekt?
Meine Aufgabe ist es, öffentliche Gebäude wie Schulen zu planen; und zwar von der ersten Idee bis zum Einzug der Kinder und Lehrerinnen und Lehrer. Diese Aufgabe kann ich natürlich nicht allein bewältigen. Viele Menschen arbeiten mit mir zusammen – aber dazu später mehr.
Warum eine neue Schule?
Wenn in einem Bereich einer Stadt viele Häuser und Wohnungen gebaut werden und alles, was dazu gehört wie zum Beispiel Spielplätze, Parkanlagen und Straßen angelegt werden, nennen wir das die Erschließung eines Baugebietes. Manchmal kommt es vor, dass für die vielen neuen Kinder dort eine neue Schule gebaut werden muss, weil die vorhanden Schulen zu klein sind für alle Kinder, die in dem Bereich wohnen.
Und so funktioniert das – vom Anfang bis zum Ende
1. Zunächst wird von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem Schulamt genau ermittelt, wie viele Kinder in die neue Schule gehen werden.
2. Ein Raumprogramm wird erstellt, das heißt es wird eine lange Liste geschrieben auf der alle Räume der neuen Schule enthalten sind.
3. Es wird ein Grundstück ausgesucht, auf dem die neue Schule gebaut werden soll.
4. Nun fertige ich eine Vorplanung an. Ich zeichne die neue Schule mit einfachen Strichen auf das Papier und versuche dabei alle Räume aus der Liste so anzuordnen, dass alles gut zusammenpasst. Ich überlege zum Beispiel:
Wo liegen die Strassen und wo können Parkplätze für Lehrerinnen und Lehrer und Eltern entstehen? Wo kannst du dein Fahrrad parken? Außerdem versuche ich das Gebäude auf dem Papier so zu drehen, dass am Vormittag, wenn du in der Schule bist, viel Sonne und Licht in die Klassen kommt. Natürlich muss auch noch Platz für einen ausreichend großen Schulhof vorhanden sein, damit sich alle Kinder in den Pausen gut erholen und spielen können. So eine Vorplanung gelingt nicht sofort. Ich muss oft viele verschiedene Möglichkeiten ausprobieren, um die beste Lösung zu finden.
5. Nachdem ich diese Lösung noch mit einigen Leuten besprochen habe, muss ich eine Kostenermittlung machen, das heißt ich rechne mit vielen Büchern und Tabellen aus, was die neue Schule insgesamt kosten wird.
6. Bevor die neue Schule nun gebaut werden kann, muss eine Baugenehmigung eingereicht werden. Dazu zeichne ich die Schule in einem größeren Maßstab schon ziemlich genau auf. Dabei zeichne ich jedes Geschoss und auch wie das Gebäude von allen Seiten von außen aussieht. Ich schneide das Gebäude sogar in der Mitte durch, natürlich nur auf dem Papier, damit man hineinschauen kann. Heute werden diese Zeichnungen mit einem Computer gemacht. Dann muss ich viele Formulare und Tabellen ausfüllen. Dabei müssen viele Vorschriften und Gesetze einhalten werden. Eine Ingenieurin oder ein Ingenieur (Statikerin/Statiker) muss für den Bauantrag eine statische Berechnung machen. Das heißt sie oder er rechnet mit dem Computer aus, wie dick und aus welchem Material Fundamente, Wände, Decken und Dach der neuen Schule sein müssen, damit diese nicht später einstürzt. Dabei wird auch der Boden des Baugrundstücks untersucht, um zu sehen wie viel er trägt.
7. Der Bauantrag wird nun im Bauordnungsamt geprüft. Dabei wird genau geschaut, ob ich alle Vorschriften eingehalten habe und auch sonst nichts vergessen habe. Auch die Berechnung der Statikerin oder des Statikers wird hier genau geprüft, damit keine Fehler passieren.
8. Während dieser Zeit zeichne ich die Pläne für die Baustelle, die Ausführungsplanung. Diese Pläne werden für die Firmen und Handwerkenden gezeichnet, die später die neue Schule bauen sollen. Jetzt zeichne ich das Gebäude ganz genau; die Zeichnungen werden oft riesig groß. Alle wichtigen Punkte der Schule werden aufgezeichnet; manchmal sogar in Originalgröße mit allen notwendigen Schrauben und Nägeln. Jetzt arbeiten viele andere Ingenieurinnen und Ingenieure mit mir zusammen:
- Eine Ingenieurin oder ein Ingenieur zeichnet alle Pläne für die Heizung und Wasser- und Abwasserleitungen, Waschbecken und Toiletten.
- Eine Ingenieurin oder ein Ingenieur zeichnet alle Pläne für die Versorgung des Gebäudes mit Strom und Licht.
- Die Statikerin oder der Statiker berechnet und zeichnet mit mir zusammen alle wichtigen Verbindungspunkte des Gebäudes auf.
9. Schließlich müssen noch alle Materialien und Farben ausgesucht werden. Es muss zum Beispiel entschieden werden, welche Farbe die Wände und Decken haben sollen oder welcher Fußbodenbelag in welcher Farbe verlegt werden soll.
10. Jetzt kommt noch eine zweite Architektin oder ein Architekt dazu. Nennen wir ihn einfach Egon Müller. Er ist Bauleiter. Er leitet die Baustelle und ist für alles, was auf der Baustelle passiert verantwortlich.
11. Als erstes muss er die Handwerker aussuchen, die das Gebäude bauen sollen. Dazu beschreibt er jedes Bauteil der neuen Schule möglichst genau; zum Beispiel welche Fenster eingebaut werden sollen und wie diese genau aussehen müssen. Das ergibt am Ende ein dickes Buch: die Ausschreibung.
12. Dann wird in der Zeitung und im Internet veröffentlicht, dass die Stadt Oldenburg eine Schule mit den Bauteilen aus dem Buch bauen will. Jeder Handwerker, der Lust hat mitzumachen, kann sich dieses Buch bestellen und schreibt für jedes Bauteil seinen Preis hinein. Alle Handwerkenden geben dann ihre Bücher bei der Stadt ab.
13. Der Bauleiter schaut nach, wer von den Handwerkerinnen und Handwerkern den günstigsten Preis eingetragen hat. So können wir sicher sein, dass wir für die neue Schule nicht zu viel Geld ausgeben. Dieses Vorgehen nennt man Vergabe von Handwerksleistungen.
14. Wenn die Baugenehmigung erteilt ist, wird die Baustelle vorbereitet. Es wird ein Bauzaun aufgestellt. Strom- und Wasseranschlüsse für die Handwerkenden müssen gelegt werden. Eine Toilette wird aufgestellt. Manchmal wird auch ein großer Baukran benötigt.
15. Jetzt kann es losgehen. Vielleicht hast du schon einmal eine Baustelle irgendwo in unserer Stadt beobachtet. Zunächst werden die Fundamente gegossen. Danach werden die Außen- und Innenwände im Erdgeschoss gemauert, die Decke wird betoniert, der Dachstuhl gerichtet, Fenster werden eingebaut. Im Inneren des Gebäudes werden Wasser- und Abwasserleitungen verlegt und angeschlossen, die Heizung wird eingebaut und Elektroleitungen verlegt. Wenn die Baustelle soweit ist, sagt man, der Rohbau ist fertig.
16. Jetzt folgt der Ausbau des Gebäudes, das heißt die Wände werden verputzt, Decken und Fußböden werden eingebaut. Es werden Steckdosen, Waschbecken, Toiletten und Heizkörper eingebaut. Die Treppen werden aufgestellt. Auch außen wird das Gebäude jetzt fertig gestellt. Als letztes werden die Außenanlagen gebaut, das heißt Wege und Plätze werden gepflastert, Büsche und Bäume werden gepflanzt und es werden Spielgeräte, Basketballkörbe und vieles mehr aufgestellt.
17. Meistens wird die neue Schule dann mit einer großen Einweihungsfeier mit allen Kindern, Eltern, Lehrerinnen und Lehrern eröffnet. Manchmal ist sogar unser Oberbürgermeister dabei und überreicht symbolisch einen großen Holzschlüssel an die Schulleitung.
Zwei Jahre bis zur Einweihung
Ich hoffe, ich habe dir einen kleinen Eindruck davon gegeben, was alles passieren muss, und wie viele Menschen zusammenarbeiten müssen, bis eine neue Schule fertig ist. Man kann ungefähr sagen, dass von der ersten Idee bis zur Einweihungsfeier knapp zwei Jahre vergehen. Das hier auf dem Foto, das bin übrigens ich – Rolf Ellermann. So sieht es in meinem Büro aus.
Zuletzt geändert am 27. Januar 2023