Städtische Museen Oldenburg ziehen Bilanz und präsentieren Jahresvorschau 2016

21.01.2016

Städtische Museen Oldenburg ziehen Bilanz und präsentieren Jahresvorschau 2016

Oldenburg. Die Städtischen Museen, Sammlungen und Kunsthäuser blicken auf ein befriedigendes Jahr 2015 zurück. Mit insgesamt 62.873 Besuchern konnte das Ergebnis des Vorjahres zwar nicht erreicht werden, liegt aber noch immer über dem Niveau vergleichbarer Einrichtungen im Norden. Unter Berücksichtigung von Sondereffekten, wie etwa Baumaßnahmen im Horst-Janssen-Museum,  ist dies dennoch ein zufriedenstellendes Ergebnis. „Die Städtischen Museen haben ihren festen Platz im Kulturangebot der Stadt behauptet“, sagt Oberbürgermeister Jürgen Krogmann.  Dennoch hält der OB den Zeitpunkt für gekommen, um im Stadtmuseum neue Impulse zu setzen.  „In diesem Jahr haben wir Planungsmittel in Höhe von 75.000 Euro im Haushalt zur Verfügung. Damit wollen wir das Thema einer baulichen und inhaltlichen  Aufwertung des Stadtmuseums angehen.“

Für die einzelnen Häuser ergeben sich folgende Zahlen: Das Horst-Janssen-Museum hatte, u.a. auch aus den oben erwähnten Gründen, mit 30.319 Besuchern einen gewissen Rückgang zu verzeichnen. Das Stadtmuseum zählte mit 21.844 Besuchern annähernd so viele Gäste wie im Jahr 2014. Das Edith-Russ-Haus für Medienkunst verzeichnete einen deutlichen Anstieg um fast 1.500 Besucher auf 5.290. Artothek und Pulverturm – beides Außenabteilungen des Stadtmuseums – konnten ihr Jahresergebnis mit 5.420 Besuchern ebenfalls steigern.

Insgesamt 21 Ausstellungen, etwa 200 Veranstaltungen und Workshops sowie 15 eigenständige Publikationen wurden an den drei Häusern vorbereitet. Besonders erfreulich ist das erneut gestiegene Interesse am Vermittlungsangebot der städtischen Einrichtungen, was sich in einer auf über 500 Führungen – hinzu kommen fast 240 realisierte Angebote für Schulklassen – angewachsenen Zahl beeindruckend zeigt.

Besonders hervorzuheben ist die erneute Steigerung der Drittmittel auf fast 600.000 Euro (Stadtmuseum: 336.550 Euro, Horst-Janssen-Museum: 155.500 Euro, Edith-Russ-Haus: 105.720 Euro), die allerdings zwei namhafte Einzelspenden enthalten und vor dem Hintergrund der zunehmend schwierigeren Förderlandschaft in den nächsten Jahren kaum noch einmal erreicht werden dürften. „Ohne diese stattliche Förderung, die für ein über Jahre gewachsenes Vertrauen der Stifter und Sponsoren in die städtischen Museen spricht, wäre ein vergleichbar umfangreiches Programm nicht annähernd umsetzbar“, betont der kommissarische Leiter der Museen, Sammlungen und Kunsthäuser, Dr. Andreas von Seggern: „Dafür sagen wir allen Förderern unseren herzlichen Dank! Es wird besonderer Anstrengungen bedürfen“, so von Seggern weiter, „dieses Niveau in den kommenden Jahren zu halten – wir wollen uns dieser Herausforderung gerne stellen!“


Horst-Janssen-Museum Oldenburg
Von animierter Zeichnung über Künstlerplakate bis zum Horst-Janssen-Archipel

Aktuell stellt das Horst-Janssen-Museum in einer dialogischen Schau Johann Heinrich Füssli vor, der für Janssen Impulsgeber für einen wichtigen Werkzyklus wurde. Der exzentrische Schweizer Maler und Gelehrte, der in England um 1800 reüssierte, wird dem Publikum in vielen Originalzeichnungen nahegebracht. Es ist die fünfte Ausstellung, in der Janssen zu seinen Vorbildern – seinen „adoptierten Ahnen“ wie er sie nannte – in Beziehung gesetzt wird.

„Nach diesem Ausflug in die Kunstgeschichte fragen wir uns im Grafikmuseum ganz konkret: Was kann Zeichnung heute sein, und stellen vier künstlerische Positionen vor, die den Computer als integralen Bestandteil nutzen“, sagt Museumsleiterin Dr. Jutta Moster-Hoos. Zwei Männer, eine Frau und ein Künstlerpaar aus Berlin, Utrecht, Stuttgart und Ulm präsentieren ihre Zeichnungen mit Animation.  „Unter dem Titel ‚Move The Line‘ zeigen wir im Horst-Janssen-Museum zum ersten Mal computergestützte Kunst als Erweiterung der klassischen Kategorie Zeichnung“, erläutert Moster-Hoos.

Im Sommer wird es gleich zwei Klassiker der modernen Kunst im Haus geben: „Wir zeigen die schönsten Plakate von Jean Tinguley und Niki de Saint Phalle und breiten 100 der farbintensiven, heiteren Form- und Farbspiele dieses Künstlerpaares aus. Dabei werden die unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunkte der beiden Künstler genauso wie Gemeinschaftsproduktionen zu sehen sein“, kündigt Jutta Moster-Hoos an.

Mitte September blickt das Horst-Janssen-Museum dann erneut auf Janssen und zwar diesmal auch filmisch. Im „Horst-Janssen-Archipel“ kann man verschiedene thematische  Inseln bereisen und Horst Janssen nicht nur in seinen Werken, sondern auch als Mensch in Bild- und Tondokumenten erleben. Dabei wird es erstmalig auch unveröffentlichtes Material der Filmemacher Peter Voss-Andreae und Hinrich Lührs zu sehen geben. Die Ausstellung findet als Kooperation mit dem Altonaer Museum statt.


Stadtmuseum Oldenburg
Vergil-Illustrationen, Malerei von Ramsauer und ein fotografischer Perspektivwechsel

Mit einem ähnlich facettenreichen Programm wie im Jubiläumsjahr will das Stadtmuseum Oldenburg 2016 sein Stammpublikum halten und neue Besucherschichten hinzugewinnen.  Herzstück des Ausstellungsprogramms ist im Sommer eine retrospektive  Schau mit Werken des Oldenburger Malers Michael Ramsauer, dessen Ruf weit über die Grenzen der Region hinausreicht und dessen Arbeiten bundesweit in einer Fülle von Museen, Galerien und privaten Sammlungen vertreten sind. Mit den Vergil-Illustration des Huder Sammlers Dr. Ulrich Wilke im Frühling sowie der gemeinsamen fotografischen Exposition von Friedrich Precht und Beate Lama im Herbst des Jahres wird der Fokus verstärkt auf regionale Themen gelegt. Einen über diesen Horizont hinausreichenden Höhepunkt zeigt das Stadtmuseum in Kooperation mit dem Kulturspeicher Oldenburg schließlich Ende des Jahres mit einer Retrospektive des österreichischen Karikaturisten Gerhard Haderer.

Im Zentrum der Arbeit des Museums werden jedoch die weiteren Vorbereitungen zur kompletten Neuordnung der Dauerausstellung zur Stadtgeschichte sowie der umfangreichen Sammlungen des Hauses stehen, die in den kommenden Jahren idealerweise in einen Neubau an der Stelle des 1968 errichteten Museumstraktes münden sollen. „Denn ohne eine grundlegende Neuausrichtung des Museums“, so Museumsleiter Dr. Andreas von Seggern, „wird es in Zukunft weder gelingen, die über ein Jahrhundert gewachsene Rolle des kollektiven Gedächtnisses der Stadt zeitgemäß und zielgruppenorientiert auszufüllen, noch dem verständlichen Wunsch der städtischen Kunstszene nach adäquaten Ausstellungsmöglichkeiten im Sinne einer städtischen Galerie nachzukommen.“


Edith-Russ-Haus für Medienkunst
Vier internationale Ausstellungen zeigen gesellschaftspolitische Fragen auf

„Das Jahresprogramm des Edith-Russ-Hauses für 2016 präsentiert vier internationale Ausstellungen, die sich mit aktuellen gesellschaftspolitischen Fragen beschäftigen und diese aus der Perspektive zeitgenössischer Kunst heraus beleuchten“, fasst Edit Molnár, Leiterin des Ausstellungshauses, das kommende Jahr zusammen. Den Auftakt macht die erste Soloausstellung des renommierten israelischen Künstlers Roee Rosen in Deutschland, der mit provokativen Bildern, Texten und Filmen eine ganz andere Sicht auf Geschichte ermöglicht. Die internationale Gruppenausstellung „Women at Work“ fragt, welche Stellung Frauen in der Arbeitswelt nach allen Diskussionen um Gleichberechtigung tatsächlich haben. Die Doppelausstellung „On Building Nations“ untersucht anhand Ägyptens und Ungarns, wie Kunst, Bilder und Symbole in nationalistische Strategien eingebunden werden. Den Abschluss des Jahres bildet die internationale Gruppenausstellung „Revisiting Radicalism“, die der Frage nachgeht, warum so viele zeitgenössische Künstler sich mit dem politischen Radikalismus der 1960er und 1970er Jahre beschäftigen und worin die Aktualität dieses Interesses liegt.

„Das Edith-Russ-Haus wird das erfolgreich eingeführte Format der Projektionen in den öffentlichen Raum mit dem ‚Aquarium‘ fortsetzen, ebenso wie das erst im Oktober 2015 ebenfalls sehr erfolgreich gestartete mobile Kunst-Café“, sagt Marcel Schwierin, der gemeinsam mit Molnár das Edith-Russ-Haus leitet, und fügt hinzu: „Auch der Pulverturm wird ab August wieder mit einer Arbeit bespielt werden.“ Mehrere Kooperationen starten zum Jahresbeginn: Im Januar eröffnet die Ausstellung „Captured Motion“ der Edith-Russ-Haus-Stipendiatin Anette Rose im Haus am Lützowplatz in Berlin und zum ersten Mal wird das Edith-Russ-Haus gleich zwei Veranstaltungen auf der Transmediale Berlin präsentieren. Die Kooperation mit der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg wird in mehreren Projekten über das ganze Jahr hinweg weitergeführt. Darüber hinaus sind für 2016 insgesamt drei Publikationen mit den renommierten Verlagen für zeitgenössische Kunst Revolver und Sternberg Press geplant.

Ein Foto der drei Museumsleiter (von links: Marcel Schwierin, Dr. Jutta Moster-Hoos und Dr. Andreas von Seggern.
Foto: Stadt Oldenburg