Oldenburg. Inhalt: Martha ist nicht hysterisch. Martha ist auch nicht egoistisch! Sie ist Dreizehn! Und deshalb wird sie es nicht hinnehmen, dass sie schon wieder einen neuen Vater bekommt. Und dazu womöglich noch Brüder, Schwestern, Großeltern, und weiß der Geier, wer an dem Neuen ihrer Mutter noch alles so dranhängt. Als wäre ihre Familie nicht schon groß genug. Um diesen Wahnsinn endlich zu stoppen, begibt sich Martha auf die Suche nach ihrem Vater, den Polarforscher. Nur er könnte sie aus diesem Dilemma befreien, hofft Martha.
Begründung der Jury (von Prof. Dr. Tobias Kurwinkel):
Die 13-jährige Martha ist Teil einer Groß- und Patchworkfamilie. Ersteres ist kein Problem, zweiteres schon: Ihre Familie sei wie ein Kefirpilz, auf den man täglich Milch schütte, lässt Michaela Beck ihre Ich-Erzählerin auf den ersten Seiten des Coming-of-Age-Romans erklären. Der Pilz wachse immer weiter, auch wenn längst niemand mehr Kefir wolle.
Damit ist nicht nur das Thema von „Ein Himmel voller Eskimos“ umrissen, sondern vor allem die ungewöhnliche Perspektive auf Marthas bunte Familie: Die meisten Erwachsenen, so Martha, seien sofort interessiert, ein Lächeln husche über ihr Gesicht, wenn sie den an Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen oder bunte Quilts erinnernden Begriff der Patchworkfamilie hörten. Für Martha und ihre Halbbrüder bedeute er jedoch ein Flickwerk aus Resten – aus Personen, die sonst nirgendwo mehr dazu gehörten, wie die Väter ihrer Halbbrüder, die Eltern dieser, oder deren Exfrauen oder Geschwister … In Ermangelung anderer Kinder und Enkel möchten diese Angehörigen nun alle zu ihrem Recht kommen, wodurch die Zeit von Martha und ihren Geschwistern minutiös durchgetaktet und in lauter kleine Einheiten zerhackt sei.
Hinter diesen organisatorischen und logistischen Schwierigkeiten steht Marthas Sehnsucht nach äußerer und innerer Einheit, nach Zugehörigkeit, konkretisiert in der Suche nach ihrem unbekannten Vater, der seit ihrer Kindheit auf ihrem Weihnachtswunschzettel steht. Das ist kaum mit den Herausforderungen des Heranwachsens in Einklang zu bringen, mit der, wie Marthas Freundin Chloé sagt, verrückten, wilden Zeit, von der sie später alle schwärmen und die nie, nie wiederkommt: „In der du voller Leidenschaft unvernünftige Dinge tust und wild und rebellisch bist. In der du die erste Geige spielst, obwohl du weder Ton noch Takt beherrschst.“
Michaela Beck ist ein eindrucksvolles Debut gelungen: Voll Sprachwitz, Ironie und Humor lässt sie Martha von ihrer Familie, von den kleinen und großen (Patchwork-)Problemen erzählen. Als Drehbuchautorin für Film und Fernsehen hat sie ihr Handwerk gelernt und weiß dies nicht nur in puncto Dramaturgie und Timing um- und einzusetzen: Besonders sind ihr die inneren Monologe ihrer Protagonistinnen und Protagonisten gelungen, die Dialoge der kleinen und großen Helden, bei denen sie stets den richtigen Ton trifft.
Vita: Michaela Beck ist in Berlin/Prenzlauer Berg aufgewachsen und hat nach dem Architekturdiplom in Weimar und der Wende noch „Szenisches Schreiben“ an der Universität der Künste Berlin studiert. Seitdem hat sie als freie Autorin, Dramaturgin und Dozentin hauptsächlich im Drehbuchbereich gearbeitet. Sie hat des weiteren Theaterstücke, Radiofeatures, ein Hörspiel, einen Krimi und eine Internet-Serie über ein magersüchtiges Mädchen veröffentlicht.
Eine Leseprobe ist veröffentlicht unter www.stadtbibliothek-oldenburg.de.