Oldenburg. Kinder werden sehr häufig Zeugen von häuslicher Gewalt. Aktuelle Zahlen des Bundeskriminalamtes besagen, dass 2018 fast 115.000 Fälle von Häuslicher Gewalt der Polizei bekannt geworden sind, die Dunkelziffer liegt bedeutend höher. Partnerschaftsgewalt betrifft aber nicht nur das unmittelbar beteiligte Paar, leben Kinder mit im Haushalt sind diese immer mitbetroffen.
Diese Tatsache will der Arbeitskreis Häusliche Gewalt im Präventionsrat, in dem Vertreterinnen des Autonomen Frauenhauses, des Vereins Konfliktschlichtung e.V., der GSG Oldenburg, der Beratungsstelle Olena, des Präventionsrates und des Gleichstellungsbüro zusammen arbeiten, weiter ins Bewusstsein bringen. Der Arbeitskreis organisierte deshalb den Fachtag „Kinder als Zeuginnen und Zeugen Häuslicher Gewalt“. Mehr als 100 Fachkräfte aus der Jugendhilfe, der Polizei, der Gerichtsbarkeit, des Gesundheitswesens und der Schutz- und Beratungsstellen folgten der Einladung und diskutierten mit den Expertinnen und Experten im Kulturzentrum PFL über die Auswirkungen Häuslicher Gewalt und die Unterstützungsmöglichkeiten für die Kinder.
Prof. Dr. Ludwig Salgo, der an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main lehrt und den Eröffnungsvortrag „Kinderschutz im Spannungsfeld zwischen Elternrecht und Kindeswohl“ hielt, sagt deutlich: „Beim Umgang der Justiz, der Verwaltung wie der Gesetzgebung mit Häuslicher Gewalt und den sich daraus ergebenden Traumatisierungen steht sowohl für die Gesellschaft als auch für die direkt Betroffenen sehr viel auf dem Spiel. Dies ist aber zu meinem größten Bedauern noch nicht auf allen Ebenen angekommen.“
In der Kooperation sieht Tanja Fauth-Engel, die mit ihrer Expertise als Familienrichterin an der „Arbeitshilfe zum neu gestalteten Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) bei Vorliegen häuslicher Gewalt“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Gesundheit mitgewirkt hat, den Schlüssel zum verbesserten Kinder- und Gewaltschutz und unterstreicht die Notwendigkeit der Vernetzung der beteiligten Institutionen: „Um den besonderen Bedürfnissen von Müttern, Vätern und Kindern, die von Gewalt betroffen sind, Rechnung tragen zu können, ist es notwendig, dass das Thema häusliche Gewalt in jeder Phase des familiengerichtlichen Verfahrens angesprochen wird. Dies wird durch eine gute interdisziplinäre Kooperation und eine enge Verzahnung von Gewaltschutz und Kinderschutz befördert.“
Dr. Susanne Heynen, Leiterin des Jugendamtes Stuttgart, bringt es am Ende des Fachtages auf den Punkt: „Häusliche Gewalt muss als Hinweis auf eine mögliche Kindeswohlgefährdung ernst genommen werden. Die Jugendämter sind wichtige Institutionen im Kinderschutz und können die betroffenen Kinder und Jugendlichen mit vielfältigen kurz-, Mittel- und langfristigen Hilfen unterstützen. Auch im Rahmen der Prävention, Krisen-/Intervention, im Kinderschutz und im familiengerichtlichen Verfahren kommen ihnen zentrale Aufgaben zu.“
Die Organisatorinnen des Fachtages fühlen sich bestätigt: „Die große Resonanz aus den unterschiedlichen Disziplinen und die Expertise, die wir zum Fachtag zusammentragen konnten, zeigt die Wichtigkeit des Themas. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben wichtige Impulse für die weitere Arbeit bekommen und auch unser Arbeitskreis wird das Thema weiter befördern.“
Anlaufstellungen und Informationen zum Thema Häusliche Gewalt stehen auf www.oldenburg.de/gleichstellung zur Verfügung.