Oldenburg. Das Edith-Russ-Haus präsentiert die erste Werkschau des indischen Künstlers und Filmemachers Mochu. In einer eigens für diese Ausstellung entstandenen großformatigen Installation entwickelt er einen komplexen Science-Fiction-Kosmos aus Bildern und Texten, in dem er dem Entstehen und den Wirkmechanismen globaler, neo-reaktionärer Bewegungen im Internet nachgeht.
Die Ausstellung Sentient Picnic präsentiert ein breites Spektrum von Mochus Arbeiten. Seine Projekte integrieren verrückte Geologien, mediale Nischenphänomene, künstlerische Kollektive und psychedelische Pfade. Im Zentrum der Ausstellung steht die Videoinstallation GROTESKKBASILISKK! MINERAL MIXTAPE (2022), die als Auftragsarbeit des Edith-RussHauses entstand und auf vier Leinwänden präsentiert wird.
GROTESKKBASILISKK! MINERAL MIXTAPE besteht aus einer Verfremdung von 3DRenderings, Bollywood-Sounds, Memes, Martial-Arts-Spielen und mythologischen Comics. Sie kombiniert diese mit fiktionalen und theoretischen Textfragmenten zu einer delirierenden Reflektion des Internets. Im Zentrum der Arbeit stehen Online-Subkulturen, die auf einer rasanten technologischen Beschleunigung beruhen und gleichzeitig eine starke imperialistische kulturelle Nostalgie in sich tragen. Diese anomale Kombination führt zu einer eigentümlichen Form des antiegalitären Futurismus, der eng mit den Genre-Taktiken von Science-Fiction und Horror, sowie den Strategien führender Technologie-Konzerne verwandt ist. Der Künstler fasst die Problematik so zusammen: „Das Internet ist nicht einfach ein Medium, das Wissen überträgt. Ich denke, dass es seine eigene Agenda mit sich bringt.“
Die Ausstellung zeigt außerdem Mochus Video-Lecture Toy Volcano (Spielzeug-Vulkan) aus dem Jahre 2019 als Mehrkanal-Videoinstallation. Der Vortrag spielt im Universum eines vergessenen Mangas und verbindet im Rahmen einer Fan-Fiction Outsider-Art und verdächtige Materialien mit der Physik von Cartoons. Die Erzählung folgt einem Beamten des Fremdenverkehrsamtes, der sich mit gefälschten Theorien über Außenseiterkunst, verdächtigen Materialien und mit der Physik von Karikaturen beschäftigt.
Das Video Cool Memories of Remote Gods (Coole Erinnerungen an ferne Götter) von 2017 spielt in den Überresten von Hippie-Pfaden in Indien. Das Video bezieht sich auf die Geschichte der Gegenkultur-Gruppen der 1960er Jahre und ihre Nutzung spiritueller Ideen als ein Phänomen, das mit der Entwicklung des PCs und der Kybernetik einhergeht.
Der Titel der Ausstellung, Sentient Picnic (Picknick mit Gefühl), bezieht sich auf die absurde Einöde in dem sowjetischen Science-Fiction-Roman Picknick am Wegesrand der StrugazkiBrüder von 1972, der als Vorlage für den Film Stalker diente. Das Picknick dieser Ausstellung besteht vor allem aus Resten der seltsamen Bilderwelten des Internets.
Mochu (*1983 in Indien) arbeitet mit Installationen, Vorträgen und Publikationen. Er war Stipendiat für Medienkunst der Stiftung Niedersachsen am Edith-Russ-Haus 2020. In seiner künstlerischen Praxis, die von Sachverhalten und Figuren der Kunstgeschichte und Philosophie geprägt ist, spielen technowissenschaftliche Fiktionen eine zentrale Rolle. Der Künstler lebt in Delhi und Istanbul.