Neues Drehbuch für die Wiederbelebung des Wallkinos
Wirtschaftliche Perspektive als Auditoriums-Haus
Stadt legt Potenzialanalyse vor
Im Dauerdrama um die Zukunft des seit Jahren dem Verfall preisgegebenen Wallkinos übernimmt die Stadt wieder die Regie. Als Drehbuch für die Wiederbelebung des denkmalgeschützten Gebäudes könnte die von der Rasteder Architektengesellschaft gruppeomp erstellte Potenzialanalyse dienen, die von der Stadtverwaltung am Donnerstag, 21. September 2023, im Ausschuss für Stadtplanung und Bauen vorgelegt wurde. Die Analyse zeigt alternative Nutzungen auf, mit denen Erhalt, Umbau und Sanierung des Wallkinos – auch im Sinne des Denkmalschutzes – möglich wären. Eine zukunftsfähige Perspektive sehen die Fachleute demnach in einem so genannten Auditoriums-Haus, bei dem die beiden bestehenden Kinosäle zu multifunktionalen, mietbaren Auditorien für Bildung, Lehre, Kultur, Freizeit und Wirtschaft werden.
Baudezernentin will neuen Impuls geben
Baudezernentin Christine-Petra Schacht nimmt die Potenzialanalyse zum Anlass, um den Dialog mit Eigentümer Ulrich Marseille zur Nutzung des Hauses wiederaufzunehmen: „Wir wollen einen neuen Impuls geben“, beschreibt Schacht die Rolle der Stadt. Marseille, der das Wallkino 2006 geerbt und ein Jahr später den Pachtvertrag mit dem damaligen Kino-Betreiber gekündigt hatte, strebt ungeachtet der Tatsache, dass es sich bei der Immobilie um eines der prägenden historischen Baudenkmäler in der Oldenburger Innenstadt handelt, einen Abbruch an und will bisher lediglich die Fassade zum Heiligengeistwall erhalten. Diverse Gespräche zwischen Stadtverwaltung und Eigentümer waren ohne befriedigendes Ergebnis geblieben.
Konzept-Idee: Kinosäle als multifunktionale Auditorien zum Mieten
Die Potenzialanalyse soll nun den Anstoß für neue Überlegungen geben. Die Konzept-Idee „Auditoriums-Haus“ orientiert sich am „Forum Groningen“, das in Oldenburgs niederländischer Partnerstadt als Raum der Begegnung viele Nutzungsstrukturen vereint. Im Wallkino könnte eine Revitalisierung der vorhandenen Kino-Säle Bildung und Wirtschaft – ganz im Sinne der Innenstadt-Strategie – in die City bringen und für Frequenz sorgen. Als nutzbarer Raum für die Bildungseinrichtungen der Stadt Oldenburg, der Jade Hochschule Oldenburg, der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg oder der Berufsschulen könnte das Wallkino so zu einem Haus für Vorlesungen, Seminare, Austausche, Präsentationen und vieles mehr werden. Auch Nutzungen für die Wirtschaft, wie zum Beispiel das Pius Hospital oder das Evangelische Krankenhaus, seien hier denkbar, heißt es in der Potenzialanalyse. Zudem seien auch kommerzielle Veranstaltungen, beispielsweise Dia-Reisevorträge, kleinere Konzerte oder eine Filmvorführung, in diesem Auditoriums-Haus vorstellbar.
Zwei Varianten
Die Konzept-Idee beinhaltet zwei Varianten: In einer weitergehenden Planvariante „M“ könnte der oben gelegene große Saal durch eine freie Zone als Food-Market im Erdgeschoss ergänzt werden, so dass hier ein neuer öffentlicher Begegnungsraum für alle Bürgerinnen und Bürger entstehen würde. Die Kostenschätzungen für diese Variante schwanken zwischen 3,9 Millionen Euro (reine Bauwerkskosten) und 6,1 Millionen Euro (Bauwerkskosten plus vorbereitende Arbeiten, Außenanlagen und Baunebenkosten). In einer kleineren Variante „S“ entfällt die Anbindung und Öffnung zur Innenstadt, das Foyer öffnet sich lediglich wie im Bestand zum Heiligengeistwall. Der Großteil der Bausubstanz mit beiden Kinosälen bliebe erhalten. Die Kosten hierfür werden zwischen 2,6 und 4,1 Millionen Euro geschätzt.
Sanierung wirtschaftlich mit Fördermitteln
Aus Sicht der Stadtverwaltung ist eine Förderung aus dem Bereich des Denkmalschutzes grundsätzlich denkbar. Auch die Nutzung von Förderprogrammen für die energetische Sanierung käme in Betracht. Eine Sanierung des ehemaligen Wallkinos erscheine realistisch, wenn es gelänge, insgesamt etwa eine Million Euro an Fördermitteln zu generieren. Der Wirtschaftlichkeitsberechnung zufolge könnte das Objekt mit dieser Summe nach Sanierungsabschluss zu einer realistischen, marktüblichen Miete angeboten werden.
Die Erstellung der Potenzialanalyse wurde zu 75 Prozent durch Bundesmittel aus dem Programm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ gefördert.
Zuletzt geändert am 25. April 2024