Das Mausoleum

Schlichter Tempel

Herzog Peter Friedrich Ludwig ließ es im Jahre 1785 bauen, als seine geliebte Frau Frederike bei der Geburt des dritten Sohnes starb. Das Mausoleum war das modernste Gebäude der Stadt, denn die Lamberti-Kirche wurde erst kurz danach neu gebaut.

Es war so modern, dass die Oldenburger Bürger es ganz scheußlich fanden! Sie wollten alle Barock und Schnörkel; das Mausoleum aber war völlig schlicht und erinnerte ein ganz klein wenig an einen griechischen Tempel ohne Säulen. Ursprünglich sollte das Gebäude eine Grabstelle für die Herzogin Frederike sein, aber später wurden alle gekrönten Häupter aus Oldenburg dort beigesetzt.

Leider darf niemand hineingehen, der nicht zur Familie gehört. Olaf und ich werden in den großen Ferien recherchieren, ob wir mit der herzoglichen Familie über zehn Ecken verwandt sind und ob wir dann zum erlauchten Personenkreis gehören, der das Mausoleum betreten darf!

Sarkopharg und Marmor-Statue

Man geht eine breite Steintreppe hinauf und steht direkt vor einer riesigen hohen Tür mit einem supergroßen Schlüsselloch. Wir haben ein Foto gesehen von dem Schlüssel, der da hineinpasst – es könnte der Haustürschlüssel von Gulliver sein. Natürlich haben wir beide durch das Schlüsselloch gepliert und auch was gesehen!

Direkt gegenüber der Eingangstür steht in einer Nische ein weißer Sarkopharg, ein sehr prunkvoller Steinsarg, in dem Frederike beigesetzt wurde. 45 Jahre später kam ihr Mann, Herzog Peter Friedrich Ludwig auch dorthin. Links neben ihnen steht eine wunderschöne Marmor-Statue, die die Hoffnung darstellt. Rechts neben dem Sarkopharg befindet sich ebenfalls eine wunderschöne Statue, die aber die Trauer verkörpert. Von innen wirkt das Gebäude eher kahl, wohl wegen der langen weißen und schmucklosen Wände. Aber es ist sehr sehr schön!

Riesiger Marmor

Wenn man das Mausoleum betritt, befindet sich rechts ein Altar und ein Aufzug, durch den man weitere Särge durch den Boden in den Keller-Raum nach unten lassen konnte. Sonst ist der Raum völlig leer. Einmal im Jahr kommt eine Putzkolonne, die machen da den Frühjahrsputz und wienern die schönen Marmorwände. Olaf und ich haben versucht uns vorzustellen, wie vor mehr als 250 Jahren der ganze schwere Marmor, der im Mausoleum und in der Lambertikirche verarbeitet wurde, nach Oldenburg gebracht wurde. Frachtflugzeuge, LKWs und Güterverkehr gab es damals noch nicht ... uns ist nichts eingefallen. Habt ihr eventuell eine Idee, wie man diese riesige Marmorlieferung von Petersburg nach Oldenburg bekommen hat?

An den Wänden sind viele Sprüche, Gedichte und Bibeltexte zu lesen, die dort eingemeißelt oder als Bildtafel angebracht wurden. Das ist alles sehr liebevoll gemacht, auch wenn man nicht alles versteht. Olaf und ich haben einen schönen Spruch lesen können, als wir durch das riesige Schlüsselloch gelinst haben. Jetzt wisst ihr’s. Er lautet „Im Leben zum Glücke, vereint im Grabe zur Ruhe“. Gemeint sind die Herzogin und der Herzog, die sich im Leben sehr geliebt haben und im Tode nun wieder vereint sind. Das weiß ich von meiner Oma. Die hat immer Tränen in den Augen, wenn sie so was erzählt, aber ich bin da ganz tapfer.

Herrschaftliche Grabkapelle

Früher hieß das Mausoleum „Die Herrschaftliche Grabkapelle“, aber niemand konnte uns sagen, weshalb es nun „Mausoleum“ heißt. An ein Mauseloch erinnert es bei seiner Größe jedenfalls nicht! Im Keller befinden sich Kellergewölbe und einige Sarkopharge mit Verwandten und Nachkommen des Herzogs. Vor vielen Jahren lag dort einmal sogar ein echter König! Ein Sohn vom Herzog heiratete eine Schwedin, deren Vater der König war und dummerweise starb. Er wurde im Mausoleum beigesetzt, aber etwas später nach Schweden gebracht und dort neu beerdigt.

Vor und neben dem Mausoleum standen viele viele Linden, die rautenförmig gepflanzt wurden. Leider hatte der Herzog nicht bedacht, dass Linden riesige Bäume werden können und das Mausoleum eines Tages überragen und verstecken könnten.

Wahrzeichen Oldenburgs

Denn eigentlich sollte das Mausoleum von allen Seiten sichtbar sein, insbesondere vom Pferdemarkt aus. Jeder, der über den Pferdemarkt ritt, sollte das riesige Gebäude jederzeit ansehen und an Friederike denken können. Es sollte ein echtes Wahrzeichen sein – und das wurde es auch.

Ihr seht, dass das Ganze schon ziemlich lange her ist, denn einerseits konnte man damals noch nicht mit dem Bus oder Fahrrad über den Pferdemarkt fahren, sondern die Menschen ritten auf Pferden oder fuhren in Kutschen durch die Stadt. Andererseits sind die schönen Linden so hoch gewachsen, dass sie das Mausoleum fast das ganze Jahr über hinter ihrem Laub verstecken – obwohl jetzt nur noch ein paar dort stehen.

Ruhe bitte!

Wenn ihr also mal über den Gertrudenkirchhof geht, dann denkt bitte daran, eure Augen aufzumachen und nicht laut und wild zu laufen, denn man muss dort leise sein und sich ordentlich benehmen. Und: Wenn Olaf das kann – dann könnt ihr das auch!

Viel Spaß wünsche ich euch bei eurem Entdeckungs-Besuch auf dem Gertrudenkirchhof. Ich gehe ganz sicher noch mal hin!

Zuletzt geändert am 4. Oktober 2023