Oldenburg. „Angst ist wie eine Krankheit. Manchmal kommt sie plötzlich wie ein Sturm. Manchmal schleicht sie sich langsam ein.“ So lautet ein Satz aus dem Stück „Menschenangst“, in dem sich das zehnköpfige Ensemble der Jugendtheatergruppe „DienstagsDrama“ der Freizeitstätte Bürgerfelde mit beklemmenden Gefühlen und bedrohlich wirkenden Situationen auseinandersetzt. Es geht um persönliche Ängste, aber auch darum, wie in der Politik Ängste geschürt werden. „Fake News“ sind ebenso Thema wie die Hetze von Rechtspopulisten. Das etwa 60-minütige Stück feiert am Dienstag, 18. Juni, im Theater hof/19 Premiere.
Nicht minder ambitioniert ist die Produktion „Gedenken – Verstehen – Nicht vergessen“, die der Wahlpflichtkurs Theater der Klasse 9 der Oberschule Alexanderstraße in Kooperation mit der Freizeitstätte Bürgerfelde am selben Abend auf die Bühne bringen wird. Die Schülerinnen und Schüler haben sich sich mit den Biographien von Euthanasie-Opfern während der NS-Diktatur beschäftigt. Die Doppel-Premiere der beiden Stücke im Theater hof/19, Bahnhofstraße 19, beginnt um 18.30 Uhr.
Regie bei beiden Produktionen führt der Theaterpädagoge der Freizeitstätte, Thomas Vossenberg – bei „Gedenken – Verstehen – Nicht vergessen“ teilt er sich diese Aufgabe mit Lehrerin Susan Wiraeus, bei „Menschenangst“ wird er unterstützt von Lore Schilberg. Schon im vergangenen Jahr hatten beide Ensembles mit Erfolg anspruchsvolle Stoffe umgesetzt – „jetzt probieren wir ein noch höheres Niveau“, sagt Vossenberg.
Über „Menschenangst“
Das Thema „Angst“ hat sich die „DienstagsDrama“-Gruppe aus einer Reihe von Ideen, die Vossenberg am Anfang des Projekts vorgeschlagen hatte, selber ausgesucht. „Viele Szenen und Texte sind von den Jugendlichen selbst entwickelt und geschrieben worden“, lobt der Theaterpädagoge. Den Grundstock hat eine Schreibwerkstatt gelegt. Die Ensemble-Mitglieder – das jüngste ist 13 Jahre alt, das älteste 27 – seien im Laufe des Probeprozesses über sich hinaus gewachsen. Die Chance, dass seine Schützlinge auf einer professionellen Theaterbühne stehen dürfen, sieht Thomas Vossenberg als Wertschätzung und Belohnung: „Das haben sie sich wirklich verdient. Alle sind aufgeregt, aber das gehört dazu. Wir freuen uns auf die Premiere.“ Mitwirkende beim „DienstagsDrama“ sind Janna Sölter, Nicolas Wilke, Yannick Feld, Elisabeth Bartz, Jannis Hadtstein, Maira Witt, Lolo Dirks, Sarah Wolter, Jasmin Wilhaus und Katharina Brandes.
Über „Gedenken – Verstehen – Nicht vergessen“
Und auch bei den Neuntklässlern im Wahlpflichtkurs Theater der Oberschule Alexanderstraße steigt das Lampenfieber. Die 14- bis 16-Jährigen haben sich ebenfalls intensiv auf ihre Theaterarbeit zum Thema NS-Krankenmorde vorbereitet – anschauliche Quellen fanden sie ganz in der Nähe: In der Heil- und Pflegeanstalt Wehnen sind mehr als 1.500 Patienten zwischen 1933 und 1947 an den Folgen von Unterernährung und Entkräftung zugrunde gegangen. Die Schülerinnen und Schüler haben die Gedenkstätte Alte Pathologie in Wehnen besucht, einen Vortrag gehört und sich einen Film angesehen. „Die Eindrücke sind in die Szenen eingeflossen, gerade das Sterben der Insassen durch den absichtlichen Hungertod“, schildert Thomas Vossenberg. Ziel der diesjährigen Arbeit sei aber nicht nur die Darstellung des NS-Programms zur Vernichtung von vermeintlich „minderwertigem“ Leben gewesen. Es sollte ebenso ein Bezug zum aktuellen gesellschaftspolitischen Diskurs über den Umgang mit Behinderung und Inklusion hergestellt werden. Zum Ensemble gehören Michelle Franke, Julia Klimko, Dana Franziska Musielak, Nele Rohlfs, Julia Winzeck, Philip Amann, Linda Kroh, Tom Kischstein, Luis Osagie, Basim Shamo, Nico Bischoff, Sarah Ebeling, Laura-Sophie Elwanger, Yannic van Mark, Maisaa Ahmedo, Emma Behrens, Alina Fitz, Shelan Karm Hussein, Evelina Stavilla und Liana Wilhelm.
Die Projekte wurden finanziell gefördert durch die „Oldenburgische Landschaft“ und durch das Kulturbüro der Stadt Oldenburg.
Weitere Vorstellungen
Beide Stücke werden nach der Premiere noch an zwei weiteren Tagen im Theater hof/19 aufgeführt: am Mittwoch, 19. Juni, und am Donnerstag, 20. Juni, jeweils ab 18.30 Uhr. Der Eintritt beträgt 8 Euro/5 Euro ermäßigt. Kartenvorbestellungen für die drei Veranstaltungen im Theater hof/19 sind bei der Freizeitstätte Bürgerfelde telefonisch unter der Nummer 0441 8850508 oder per E-Mail an thomas.vossenberg@stadt-oldenburg möglich.
Darüber hinaus stehen beide Produktionen auf dem Spielplan der Oldenburger Jugendtheatertage 2019: „Gedenken – Verstehen – Nicht vergessen“ ist am Dienstag, 25. Juni, ab 16 Uhr in der Kulturetage zu sehen, für „Menschenangst“ hebt sich am Donnerstag, 27. Juni, der Vorhang um 18 Uhr in der Exerzierhalle.