2024: Tamara Bach

im Gespräch mit Thomas Boyken

Bei der zweiten Umsetzung des neuen Formats trat am 12. Juni 2024 die Schriftstellerin Tamara Bach (geboren 1976 in Limburg an der Lahn) im Programm des Literaturhauses auf. Ihr literarisches Debüt Marsmädchen wurde 2002 als noch unveröffentlichtes Manuskript mit dem Oldenburger Kinder- und Jugendbuchpreis ausgezeichnet und erschien 2003 bei Oetinger. Prompt wurde der Roman mit dem Luchs des Monats, der Eule des Monats und zudem 2004 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. Tamara Bach erhielt seitdem für ihr Werk viele Auszeichnungen und gehört heute zu den bekanntesten Autorinnen im Segment Kinder- und Jugendliteratur. So wurden ihr unter anderem 2013 der Katholische Kinder- und Jugendbuchpreis und der Deutsch-Französische Jugendliteraturpreis für Was vom Sommer übrig ist zugesprochen. 2019 erhielt sie den Großen Preis der Deutschen Akademie für Kinder- und Jungendliteratur, und 2021 wurde sie für ihr beeindruckendes literarisches Werk mit dem James Krüss Preis für internationale Jugendliteratur ausgezeichnet. Im Wilhelm13 las Tamara Bach ausgewählte Passagen aus ihren Romanen und sprach mit dem Oldenburger Literaturwissenschaftler Thomas Boyken über ihr Werk und ihr Selbstverständnis als Autorin der KJL:
 

Das erste Mal, dass ich mich als Schriftstellerin gesehen habe, war hier in Oldenburg

Die Bedeutung von Feedback und Austausch

Ich beginne unser Gespräch mit einer unverfänglichen Frage: Wie bist du eigentlich dazu gekommen, Schriftstellerin zu werden?

Geschichten habe ich mir schon ausgedacht, als ich noch nicht schreiben konnte. Im Spiel denken wir uns vermutlich alle Geschichten aus, und als Schlüsselkind habe ich viel Zeit mit mir selbst verbracht, malend, spielend. Ich habe auch früh begonnen Geschichten zu schreiben. Ein netter Deutschlehrer erzählte mir deshalb von dem Wettbewerb Treffen junger Autor*innen in Berlin. Damals lebte ich noch auf dem Land, in einem 500-seelenstarken Dorf. Mit dreizehn habe ich mich zum ersten Mal beworben und dann noch viele Male, bis ich mit siebzehn endlich teilnehmen durfte. Sehr wichtig war, dass ich Leute in meinem Alter kennengelernt habe, die auch schrieben. Ohne diese Begegnungen wäre ich wahrscheinlich keine Schriftstellerin geworden. Ich habe dort gelernt, wie wichtig Feedback und Austausch sind. 1997 bin ich nach Berlin gezogen, und Berlin war ein guter Ort dafür, viele Sachen auszuprobieren. Es gab in den 90ern viele Lesebühnen oder Kneipen, die ganz ohne Vorgaben Bühnen angeboten haben. Ich bin oft mit Freund*innen bei Lesungen aufgetreten. Dann war ich in England, und mir war langweilig, und ich habe Marsmädchen geschrieben. Weil ich viele Freund*innen hatte und habe, die auch schreiben, war es normal für mich, meinen Text einfach in die Runde zu geben und um Feedback zu bitten. Eine Freundin, die inzwischen auch Schriftstellerin ist, hat ihn dem damaligen Leiter des Literarischen Kolloquiums Berlin gegeben. Er reichte ihn an seine Volontärin weiter, die schließlich meine Agentin wurde. Zeitgleich habe ich mich mit dem Text für den Oldenburger Kinder- und Jugendbuchpreis beworben, den ich tatsächlich gewonnen habe. Ich war damals noch Studentin, und so gab es schließlich Seminare zu mir und meinen Texten, während ich selber noch im Studium war, zum Glück aber nicht an meiner Uni.

Und ab wann hast du dich als Schriftstellerin gesehen?

Das erste Mal, dass ich mich als Schriftstellerin gesehen habe, war hier in Oldenburg. Am Tag nach der Preisverleihung hatte ich als Preisträgerin eine Lesung auf der KIBUM, und die Leute schauten mich an, als wüssten sie wer ich bin. Sie hatten mein Foto in der Tageszeitung gesehen. Das war ganz merkwürdig, weil es zum ersten Mal einer dieser Schuhe war, die plötzlich passten. Einer dieser Schuhe, die man anprobiert, wenn man gerade so im Erwachsenwerden ist. Jemand nannte mich Schriftstellerin, und ich dachte: Ja, das fühlt sich richtig an. Das fühlt sich gut an, das macht mir auch Spaß, das möchte ich sein. Darin sehe ich mich.

Die Voraussetzung war also auch, dass andere zurückspiegeln, dass du Schriftstellerin bist?

Bei mir war es so. Erst von dieser Lesung in Oldenburg an dachte ich, dass ich mich Schriftstellerin nennen kann. Obwohl ich auch vorher schon auf Bühnen gelesen hatte, obwohl ich zum Treffen junger Autor*innen eingeladen worden war, obwohl ich in Anthologien veröffentlicht und Theaterstücke für einen Jugendclub geschrieben hatte, hätte ich mich bis zu diesem Zeitpunkt nicht getraut zu sagen: „Ich bin Schriftstellerin.“ Ich war immer Lehramtsstudentin für Englisch und Deutsch. Und ja, ich habe geschrieben. Aber auch das war nicht, was ich als allererstes über mich gesagt habe. Das mussten die Leute erst herausfinden.

Du hast dich mit „Marsmädchen“auf den Oldenburger Kinder- und Jugendbuchpreis beworben. Hast du es von Anfang an als Jugendbuch eingestuft?

Ich hätte es zuerst nicht als Jugendbuch bezeichnet. Aber dann ist es in einem Kinder- und Jugendbuchverlag veröffentlicht worden.

Und dann bist du dabeigeblieben?

Ja. Und retroperspektiv hat das alles Sinn ergeben. Ich komme aus einem Arbeiterhaushalt. Meine Eltern haben zwar gelesen, aber nicht den Kanon, den man als Bildungsbürger lesen müsste. Wenn bei Literatur für Erwachsene die Rede von Belletristik ist, sind nicht unbedingt Krimis oder Liebesromane gemeint, sondern überwiegend Bücher der feuilletonanspruchsvollen Literatur. KJL ist dagegen ein sehr breites Feld. Für jeden ist etwas dabei. Und weil ich in der Phase, in der ich eigentlich auf Literatur für Erwachsene hätte umschwenken sollen, einfach nicht wusste wohin, bin ich sehr lange bei Kinder- und Jugendbüchern hängen geblieben.

Und dann lernte ich das Treffen junger Autor*innen kennen. 1994 gab es dort einen Workshop von Waldtraut Lewin und Mirjam Pressler zum Schreiben für Erstleser. Wir haben erst gemeinsam ein Erstlesebuch gelesen. Dann wurde uns gesagt, die sind so und so lang, das und das sind sprachliche Anforderungen und dann: „Jetzt geht spielen.“ Wir haben geschrieben und kamen am nächsten Tag zurück. Ich gab der ersten Person aus der Jury, was ich geschrieben hatte, und mein Text wurde weiter und weitergereicht. Die Feststellung, dass ich offenbar für Kinder schreiben konnte, schien ein großes Ding zu sein, weil man das eigentlich als Endteenager nicht machte. Weil man in dem Alter eher um sich selbst kreist. Bei mir war es anders.

Abgrenzungsmechanismen

Du hast einerseits die Belletristik, Feuilletonliteratur, Erwachsenenliteratur erwähnt und dann die Breite der Kinder- und Jugendliteratur betont. Siehst du einen Unterschied zwischen Kinder- und Jugendliteratur und Erwachsenenliteratur? Oder funktionieren die Bücher doch alle irgendwie gleich?

Selbst innerhalb der Belletristik funktionieren ja nicht alle Bücher gleich. Da steht jedes für sich allein. Das Erstaunliche ist eher, dass wir eine Altersgrenze ziehen und behaupten alles, was unter 20 liegt, ist quasi 

was Anderes.

Genau. Das ist etwas Anderes und erst danach fangen wir mit der richtigen Literatur an. Für mich nicht. Für alle, die in der KJL arbeiten, gibt es diese Grenze nicht. Von außen sieht es anders aus. Tatsächlich sagte einmal ein Agent zu mir: „Ah, Kinder- und Jugendliteratur. Und hast du dann auch irgendwann mal vor...“ Und ich ergänzte: „…was Richtiges zu schreiben?“ Er winkte ab, aber er hatte es natürlich so gemeint.

Ich finde an der Aufteilung zwei Aspekte interessant. Einerseits, dass in Buchhandlungen ganz klar zwischen Erwachsenenliteratur und Kinder- und Jugendliteratur unterschieden wird. Sie ist in großen Buchhandlungen sogar sehr oft auf einer anderen Etage. Und sie wird nach dem Alter sortiert. Die Erwachsenenliteratur ist entweder nach Genres sortiert oder nach Autorinnen und Autoren. Dort findet man keine Sparte Romane für 40 bis 45-jährige Männer. Die Sortierung im Buchhandel gibt also eine klare Differenz vor. Doch wenn man sich die Texte anschaut, operieren die Bücher der KJL ebenso mit erzählerischen Verfahren, wie andere Literatur auch. Doch interessant ist – das ist der zweite Punkt, den ich faszinierend finde – dass wir glauben, auf den ersten Blick erkennen zu können, was Kinder- und Jugendliteratur ist. Wenn man aber anfängt es zu definieren, wird es total schwierig. Sind „Die Leiden des jungen Werther“nicht eigentlich auch ein Jugendroman?

Aber ja, schon, oder? Es gibt sehr viele Bücher in der Belletristik, die auch als Kinder- und Jugendliteratur verstanden werden können. Das lässt sich sehr gut an Nominierungslisten für Buchpreise beobachten. Plötzlich landen Bücher aus der Belletristik auf der Shortlist für den Deutschen Jugendliteraturpreis. Umgekehrt passiert es aber nicht. Und dennoch sind wir uns einig, dass Literatur unabhängig vom Alter der Zielgruppe Literatur ist. Es gibt viele Bücher, die von Kindern und Jugendlichen handeln, ohne der KJL zugeordnet zu sein. Trotzdem treffen Verlage die Entscheidung, dass von manchen Titeln noch eine Jugendbuchausgabe veröffentlicht wird, die wirklich nur ein anderes Cover bekommt. Der Inhalt bleibt unverändert. Aber sie ist günstiger.

Aktuelle Themen werden schneller aufgegriffen

Wie beschreibst du aus deiner Perspektive den Status von Kinder- und Jugendliteratur? Hat sie eine wichtige Bedeutung in unserer Gesellschaft?

Jedes Mal, wenn ich vor einer Klasse stehe und frage, wer von denen da liest, ist die Zahl der Hände, die sich hebt, deckungsgleich mit der Zahl der Hände, wenn ich frage, wem vorgelesen wurde. Das heißt, Leseförderung fängt zuhause an; und sie fängt mit Kinder- und Jugendbüchern an. Also ist es wichtig, dass es sie gibt, auf jeden Fall. Ich finde zudem auffällig, dass sich die KJL Sachen traut, die sich die Belletristik noch eine Weile nicht traut. Aktuelle Themen werden schneller aufgegriffen. Die Kinder- und Jugendliteratur hat zudem keine Angst davor, lustig zu sein, zu unterhalten und trotzdem wichtige Themen zu behandeln und auch weibliche Hauptfiguren zu erschaffen.

Das ist ein schöner Übergang zu „Marsmädchen“.

Marsmädchen handelt von Miriam. Sie ist 15, lebt in einer süddeutschen Kleinstadt und langweilt sich. Sie ist in einer Phase, in der das Leben ihr nicht mehr passt und sie noch nicht herausgefunden hat, welches Leben ihr passen könnte. Dann lernt sie Laura aus ihrer Klasse kennen.

In dem Buch geht es an einer Stelle um die Wirkung von Rauschmitteln. Darüber zu schreiben ist vermutlich ganz schön schwierig, ist ja beinah dieselbe Kategorie, wie über Geschlechtsverkehr zu schreiben. Die Fallhöhe ist verdammt hoch?

Eine der Freund*innen, denen ich Marsmädchen als Manuskript gegeben hatte, meinte, das käme nie im Leben raus. Es gab zu diesem Zeitpunkt aber auch schon andere Bücher, die sich von den klassischen Problembüchern unterschieden, mit denen ich in den 80er Jahren groß geworden bin. Trotzdem war eine Liebesgeschichte zwischen zwei Mädchen immer noch ein Riesending.

Das heißt, die Darstellung einer homosexuellen Beziehung war eigentlich das größere Problem?

Für mich auf keinen Fall. Für den Verlag auch auf keinen Fall. In den Rezensionen zum Glück auch nicht. Ich habe mich damals aus vielen Gründen für Oetinger entschieden. Mir war wichtig, dass es nicht als Buch zum Thema Homosexualität beworben wird.

Das Kleine, das Alltägliche im Fokus

In „Marsmädchen“ habe ich schon vieles angelegt gefunden, das später von dir in unterschiedlicher Art noch anders ausformuliert und auch anders perspektiviert worden ist. Wir begegnen häufig jugendlichen Protagonisten. Haben häufig eine weiblich-jugendliche Erzählstimme. Es geht sehr oft um das Verhältnis von Individualität und Gemeinschaft. Und deine Texte drehen sich eigentlich immer um die Besonderheiten des Alltäglichen. Selbst wenn wirklich Skandalöses geschieht wie bei „Sankt Irgendwas“, ist das eigentliche Geschehen eher irrelevant. Relevanter ist die Gruppendynamik. Was fasziniert dich am Alltäglichen?

Ich schaue lieber auf das Kleine, das Alltägliche, die Konflikte, bei denen Menschen aneinandergeraten, ohne dass ein Krieg ausbricht oder die halbe Familie gekidnappt wird; auf Situationen, die in deiner Klasse jedem passieren können. Ich finde es spannend und erzählenswert, wie andere Leute diese Alltäglichkeiten erleben, wie sie reagieren. Die Jugendlichen in Sankt Irgendwas sind am Schluss alle nicht mehr dieselben wie am Anfang der Geschichte, und dafür braucht es keine Explosion, in welcher Form auch immer. Auch wenn Ich-verliebe-mich eine Explosion sein kann.

Eine individuelle.

Genau, eine individuelle. Eine ältere Freundin, die als Lesbe in den 70er Jahren nach Berlin kam, sagte, Marsmädchen müsse in einem schwul-lesbischen Verlag veröffentlicht werden. Für mich war es aber wichtig, dass es breiter zugänglich ist. Es war mir wichtig, dass die Geschichte nicht einfach als Buch über ein Coming-out vermittelt wird. Es hat ja auch kein Coming-out.

Ich habe dieses Buch auch nie so gelesen. Natürlich spielen homosexuelle Liebe und auch die vermeintlichen Tabus, die damit zu tun haben, eine Rolle. Aber aus meiner Sicht geht es eigentlich um die Frage, wie wir erwachsen werden.

Und der Katalysator ist hier eben eine Geschichte zwischen zwei Mädchen.

Hat sich von „Marsmädchen“ bis zu „Von da weg“ dein Schreibprozess verändert?

Beim Schreibprozess des dritten Buches, bei Jetzt ist hier, habe ich plötzlich an die Rezipienten gedacht, auch ans Feuilleton, und hatte deshalb eine externe Erwartungshaltung im Hinterkopf, die ich erst mal wieder loswerden musste. Dann habe ich mir kurz auf die Finger gehauen und gesagt: „So, Madame, jetzt ist gut. Jetzt schreiben wir mal wieder. Jetzt haben wir mal wieder ein bisschen Spaß.“ Und das versuche ich bis heute beizubehalten. Ich werde immer mal wieder gefragt, wie ich schreibe. Eine beliebte Antwort wäre, dass ich nur nachts schreiben kann. Aber ich habe nach und nach alles, was ich zunächst an vermeintlichen Randbedingungen fürs Schreiben definiert hatte, auch wieder widerlegt: Ich habe in Zügen geschrieben. Ich habe in fremden Zimmern geschrieben. Ich habe in Küchen geschrieben. Ich habe auf dem Boden sitzend, in meinem Bett, in einem Hotelbett sitzend, in Büchereien, ich habe schon überall geschrieben. Ich glaube zu fast jeder Tages- und Nachtzeit. Wenn die Geschichte geschrieben werden will, wird sie geschrieben, egal wann und wo ich bin.

Schreiben aus der Position einer stillen Beobachterin

Ich möchte zuletzt gerne noch kurz über „Wörter mit L“ sprechen.

Das ist eine Geschichte, die ihre Zeit gebraucht hat. Die Idee dazu hatte ich schon in den 90ern und habe damals auch Mirjam Pressler davon erzählt. Jahrzehnte später schrieb ich endlich die Geschichte über Pauline, die die Hälfte der Woche bei ihrer Mutter wohnt und die andere Hälfte bei ihrem Vater und seiner Familie, wo sie auch einen kleinen Bruder hat. Und dann hört sie von ihrem Papa, dass die Mutter sich angeblich neu verliebt hat.

Im Vergleich zu „Marsmädchen“, wo die 15-jährige Miriam die Geschichte erzählt, ist Pauline eine jüngere Erzählstimme. Sie ist zehn oder elf? Und der Duktus ist ein anderer. In vielen Rezensionen zu deinen Romanen ist zu lesen, dass deine Texte sehr authentisch sind. Das hat sicher auch etwas mit dem Sprachduktus zu tun. Aber so sprechen Jugendliche oder Zehnjährige ja gerade nicht, oder?

Für mich stehen und fallen meine Texte mit den Figuren und deshalb auch mit der Sprache, die zu den Figuren passen muss, egal in welcher Perspektive ich schreibe. Der Duktus darf sich aber auf keinen Fall an einer vermeintlichen Jugendsprache orientieren, die eh so schnell wieder überholt ist – da haben wir das Buch noch nicht veröffentlicht – und oft auch anmaßend ist.

Wie ist das Verhältnis, das du zu deinen Figuren hast? Sind Identifikation oder Identifikationsfähigkeit mit ihnen ein wichtiger Punkt für dich?

Nein, aber ich muss den Figuren ihr Verhalten abkaufen können. Ich bin nicht Pauline, aber das Buch verhandelt Themen, die ich kenne, die viele Leute kennen: Eltern sind plötzlich merkwürdig, Eltern verlieben sich neu, Geschwister sind schräg. Da finden wir uns alle wieder, aber das heißt nicht, dass ich die Figuren bin. Ich frage mich beim Schreiben eher, wie ich mich zu ihnen positioniere. Ich bin eher stille Beobachterin, und trotzdem nehme ich teil. Ich habe schon Rotz und Wasser geheult, während ich meine Geschichten geschrieben habe. Ich habe gelitten mit einzelnen Figuren und wusste trotzdem, dass es nicht mein Leid ist. Das Schreiben hat eher ein Leid in mir angestupst, das ich kannte. Wir identifizieren uns nicht mit einer Figur, sondern eher mit dem, was sie durchmacht. Weil wir Schmerz kennen. Weil wir Freude kennen. Weil wir Probleme kennen und uns durch den Verlust einer fiktiven Figur an unsere eigenen Verluste erinnern.

Herzlichen Dank für das Gespräch, Tamara.

Zuletzt geändert am 30. Oktober 2024