Bewegende Reise an Grenze zur Ukraine

Viele Eindrücke und Emotionen

Team der Freiwilligen Feuerwehr Stadtmitte hat Löschfahrzeug überführt

Anfang Juni 2024 brach ein Team der Freiwilligen Feuerwehr Oldenburg Stadtmitte Richtung West-Ukraine auf, um an der polnischen Grenze ein ausgedientes Löschfahrzeug zu übergeben. Doch wie sind Fahrt und Übergabe gelaufen? Und wie kam es überhaupt zu dem Engagement für die Ukraine? Dieser Erlebnisbericht zeigt: Mit Empathie, Herz und Willen ist vieles möglich – auch über Grenzen in den Köpfen und auf der Karte hinweg

Wie alles begann: Private Verbindung

Feuerwehrmann Boris Morozov von der Freiwilligen Feuerwehr Oldenburg Stadtmitte ist mit Einsetzen der Flüchtlingsströme nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine spontan privat an die polnisch-ukrainische Grenze aufgebrochen, um zu helfen: Sein VW-Bus war bis unters Dach mit Kindernahrung, Windeln, Schokoriegeln, Medikamenten, Decken und vielem mehr beladen. Der Grenzübergang Dołhobyczów war ihm von privaten Reisen bekannt.

Dort warteten tausende Menschen unter freiem Himmel im Winter mitunter Tage auf den Grenzübertritt – vor allem Mütter mit Kindern, die kilometerweit zu Fuß zur Grenze gelaufen waren. Nach Passieren der Grenze führt eine kleine Straße in das kleine Dorf Dołhobyczów, das ab dem Zeitpunkt plötzlich mit tausenden Flüchtlingen geflutet war, die weiterhin unter freiem Himmel auf Transport gen Westen warteten.

Engagement: Helfer mit Herz auf beiden Seiten

Die umliegenden Dörfer, unter anderem auch Krylow, wurden zu Transitstationen. In Krylow wurde ein provisorischer Busbahnhof eingerichtet. Dort lernte Boris Morozov die örtliche Freiwillige Feuerwehr kennen und lokale private Helfer – darunter auch ein Ehepaar, das sein Haus, ein ehemaliges Pfarrhaus, als Herberge für die Helfenden bereitstellte.

Die winterlichen Bedingungen erforderten auch für die Helfer wetterfeste Kleidung. Mit der Frage nach ausgesonderter Einsatzbekleidung begann das Engagement der Freiwilligen Feuerwehr Stadtmitte und Ortsbrandmeister Jens Bräuer, der dann die weiteren Kontakte in die Verwaltung herstellte. Inzwischen hatte Boris Morozov zufällig einen Kontakt zu Nadja Zemnytska aus Chervonohrad aufgebaut, die dort die kommunale Hilfe koordinierte.

Die Idee: Ein Löschfahrzeug für Chervonohrad

Mit der zunehmenden Zerstörung der Versorgungsinfrastruktur erreichte die Freiwillige Feuerwehr Stadtmitte die Frage nach Stromgeneratoren. Bei einer ersten Bestandsaufnahme, welche Gegenstände überhaupt absehbar nach Aussonderung zur Verfügung gestellt werden könnten, kam die Idee, vielleicht sogar ein schon außer Dienst gestelltes und bereits abgerüstetes, altes Löschfahrzeug, zur Verfügung zu stellen. Dabei handelt es sich um ein Spezialfahrzeug für die Wasserförderung über lange Strecken, ausgerüstet mit zwei Pumpen und mehr als 1 Kilometer Feuerwehrschlauch. Nachdem der Verwaltungsausschuss einer Spende des Fahrzeuges zugestimmt hatte, begann die Aufarbeitung und Wiederaufrüstung des Fahrzeuges. Gut zwei Jahre waren dafür nötig, da für viele Ausrüstungsgegenstände erst Sachspender gefunden werden mussten. Einiges wurde auch aus privaten Mitteln und Mitteln des Feuerwehrverbandes Stadt Oldenburg neu beschafft. Und: Der angeforderte Stromgenerator wurde als Ergänzung in das Fahrzeug eingebaut. Aus Sicherheitsgründen wurde eine Übergabe verbunden mit einer Einweisung in die Technik wiederum in Krylow (Polen) vorgesehen.

Der Weg ist das Ziel: Viertägige Reise nach Krylow

Nach gründlicher Reiseplanung verließ das hochgeländegängige, daher aber langsame Fahrzeug am Freitag, 31. Mai 2024, die Feuerwache an der Ibo-Koch-Straße Richtung Osten. Nach Zwischenstationen bei den Feuerwehren in Bernburg/Saale, Breslau und Krakau traf das Team am Dienstag, 4. Juni 2024, in Krylow nach mehr als 1.600 zurückgelegten Kilometern ein. „Das Fahrzeug wurde gereinigt und die Technik gecheckt, bevor die Schulung vor Ort vorbereitet wurde. Diese mussten wir jedoch leider zeitlich auf ein Minimum beschränken, da es bei der Grenzabfertigung auf der polnischen Seite zu stundenlangen Verzögerungen kam“, berichtet Ortsbrandmeister Jens Bräuer.

Emotional: Herzlicher Dank für Einsatz und Tatkraft

Die erschöpfte ukrainische Delegation traf erst am Abend am Feuerwehrhaus Krylow ein und wurde dort herzlich empfangen. Nach Begrüßung durch die Bürgermeisterin der Gemeinde Krylow ehrte Nadja Zemnytska stellvertretend für die Stadt Chervonohrad das Überführungsteam mit Dorian Collik, Kai Pöppinghaus, Rasmus Gronert und Jens Bräuer als auch Boris Morozov, der nicht mitreisen konnte.

Nadja Zemnyska sagte, es sei wichtig für die Menschen in der Ukraine zu wissen, Unterstützung durch Einsatz und Tatkraft ganz normaler Bürgerinnen und Bürgern in ihrem Kampf für Freiheit und Demokratie zu erhalten. Es zeigt, sie werden auch „weit im Westen“ nicht vergessen.

Kommunikativ: Gute Gespräche am Grill

Die technische Einweisung erfolgte noch am Abend, gefolgt von einem gemeinsamen Grillen und vielen eindrücklichen Gesprächen – insbesondere mit den Frauen der Delegation, die mit guten Englischkenntnissen, die sie sich teilweise erst innerhalb der letzten zwei Jahre in Intensivkursen angeeignet hatten, die Kommunikation übernahmen.

Am folgenden Tag ging es früh mit Zeitreserven zur Grenze. Nach Gesprächen mit der polnischen Grenzwache wurde das Fahrzeug zur Abfertigung vorgezogen, die dann aber immer noch mehr als vier Stunden in Anspruch nahm.

Am Samstagmorgen, 8. Juni 2024, verabschiedete sich das Oldenburger Team von seinen herzlichen Gastgebern in Krylow – und machte sich mit dem Begleitfahrzeug auf die zweitägige Rückreise quer durch Polen auf in die Heimatstadt.

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Zuletzt geändert am 18. Juni 2024