Oldenburg. Von wegen Schmierereien: Am Samstag, 27. Mai, wollen Sprayer die tristen, grauen und ungenutzten Wandflächen unter der Autobahn 28 am Westfalendamm und Niedersachsendamm mit Graffiti und großformatiger Kunst verschönern – und das völlig legal. Die Auftaktveranstaltung für das von der Stadt Oldenburg unterstützte und mit 3.000 Euro geförderte Pilotprojekt „Brücken Kunst“ findet in der Zeit von 12 bis 21 Uhr statt. Der Präventionsrat der Stadt und der Verein „Probierwerk Oldenburg“ laden dazu ein, den Sprayern über die Schulter zu schauen und oder an einer der Übungsflächen selber zur Dose zu greifen. Insgesamt sechs Standorte stehen mit Zustimmung der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr im Bereich zwischen Westfalendamm, Niedersachsendamm und Sophie-Schütte-Straße unter der A28 zur Verfügung.
Die ausgewählten Fassaden beinhalten Flächen für Events, die hochwertigen und anspruchsvollen Werken von Graffiti-Künstlerinnen und Künstlern vorbehalten bleiben. Hinzu kommen Wände für die so genannte „Hall of Fame“, die für die hiesige Graffiti-Szene zur stetigen Neugestaltung bereitgestellt werden. Außerdem gibt es zwei Brückenpfeiler, die Anfängerinnen und Anfänger frei gestalten und übermalen dürfen. „Diese Unterteilung in unterschiedliche Kategorien macht das Projekt so besonders“, betont Renke Harms. Der 24-Jährige hat das Konzept entwickelt. Er ist aktiver Sprayer, Vorsitzender des Vereins „Probierwerk“ und Leiter der Graffiti-Werkstatt des Präventionsrates. Ihm ist es ein Anliegen, Graffiti-Sprühen als legale Kunstform zu etablieren und Jugendliche über die Folgen illegalen Sprayens aufzuklären.
Die Vorarbeiten für die Auftaktveranstaltung haben bereits begonnen: Mehr als 1.000 Quadratmeter Wandfläche wurden grundiert, Gerüste aufgestellt, Materialien, Sprühdosen und Schutzmasken beschafft sowie Info-Schilder und Mülleimer aufgestellt. Für die Projektfinanzierung hat Renke Harms zahlreiche Sponsoren gewonnen. Am Samstag, 27. Mai, erwartet der Initiator rund 50 Graffiti-Künstlerinnen und Künstler. Die Altersspanne der Teilnehmenden reiche von 11 bis 40 Jahren, so Harms. Zum Programm gehören „Try out“-Angebote und Workshops für Nachwuchs-Sprayer, die von 14 bis 15 Uhr, von 16 bis 17 Uhr und von 18 bis 19 Uhr stattfinden sollen. Für Musik sorgt im Bereich der vorderen Schleuse zwischen 12 und 15 Uhr das Kollektiv „Permanent Aktiv“ mit House- und Techno-Klängen. Von 15 bis 16 Uhr kann jeder, der Lust hat, bei einer Hip Hop-Session selber zum Mikrofon greifen. Danach ist wieder „Permanent Aktiv“ an der Reihe. Die „Geschmacksträger“ aus Oldenburg sind den Tag über mit ihrem „Food-Truck“ vor Ort.
Das Graffiti-Projekt ist vorerst auf 24 Monate befristet. „Für die Szene ist die Möglichkeit, die Betonwände unter der Autobahn kreativ gestalten zu dürfen, ein großes Geschenk, aber auch eine große Verantwortung“, weiß Renke Harms. „Mit der geregelten Freigabe ausgewiesener Flächen wird eine Alternative zu illegalem Graffiti geschaffen. Damit soll Sachbeschädigungen ebenso vorgebeugt werden wie der Kriminalisierung von Jugendlichen“, betont Melanie Blinzler, Geschäftsführerin des Präventionsrates.