Runder Tisch bringt Gesundheitskompetenz in die Schulen

Zecken entfernen erlaubt

Mehr Sicherheit für Lehrkräfte

Sportverletzungen, Nasenbluten, Ohnmacht, allergische Reaktionen, Bauchschmerzen, Übelkeit oder Stromunfall: Die Liste der möglichen Ereignisse und Beschwerden, die Schülerinnen und Schülern während der Zeit in der Schule ereilen können, ließe sich noch weiter fortsetzen. Entsprechend vielfältig sind die möglichen Vorgehensweisen. Das Wissen, was in welchem Fall zu tun ist und wie die Erstversorgung vor Ort durchgeführt werden sollte, bringen die Initiatorinnen und Initiatoren der AG Gesundheitskompetenz in die hiesigen Bildungseinrichtungen, um dort das gesamte Kollegium zu schulen und im Anschluss weiter zu beraten und zu begleiten. Das Ziel ist die Qualifizierung zur „gesundheitskompetenten Schule“. Die treibende Kraft dahinter sind Dr. med. Kirsten Habbinga, Direktorin der Klinik für interdisziplinäre Notfallmedizin im Pius-Hospital, Dr. med. Thomas Henke, Chefarzt des Zentrums für Notfallmedizin im Evangelischen Krankenhaus und Stefan Thate, stellvertretender Leiter der Berufsfeuerwehr Oldenburg. Alle drei haben die Erfahrung gemacht, dass Lehrerinnen und Lehrer häufig unsicher sind, wenn es darum geht, bei Verletzungen, akut auftretenden Beschwerden oder Anfällen von Schülerinnen und Schülern zu entscheiden, was zu tun ist. Dies zeigen auch die Auswertungen des Oldenburger Forschungsnetzwerks Notfall- und Intensivmedizin (OFNI) der Universitätsmedizin Oldenburg, welches das Projekt wissenschaftlich begleitet.

Krankenwagen oft nicht notwendig

„Oftmals werden im Fall von Bagatellverletzungen Kranken- oder Rettungswagen gerufen. Dies führt nicht nur zu vermeidbar höheren Kosten, sondern unter Umständen auch dazu, dass die Kapazitäten für einen anderweitigen, wichtigen Notfalltransport blockiert sind“, so Dr. Kirsten Habbinga. „Dabei gibt es oftmals sichere Alternativmöglichkeiten, wenn es sich nicht um dringliche Notfälle handelt. Ein wesentliches Ziel von uns ist es, den Pädagogen hier Sicherheit zu geben und Sorgen zu nehmen.“ Wie diese Optionen aussehen, was überhaupt ein Notfall ist und welche Hilfestellungen die Pädagoginnen und Pädagogen selber geben können – zum Beispiel bei Zeckenbiss, Asthmaanfall oder Hypoglykämie – darüber klärt das Projektteam bei einem Vorort-Termin auf. „Damit können wir schon viele Fragen beantworten und Ängste nehmen. Wir bieten in diesem Projekt außerdem an, die Schulen individuell zu ihrem Notfallplan zu beraten, da jede Schule anders ist“, erklärt Stefan Thate. Hierzu gehört maßgeblich ein gut aufgestellter Schulsanitätsdienst, in dessen Rahmen Schülerinnen und Schülern zu Ersthelferinnen und Ersthelfern ausgebildet werden. Diese können im Bedarfsfall während der Schulzeit unterstützen. „Darüber hinaus erhalten die Kinder und Jugendlichen durch den Sanitätsdienst auch bei kleineren Verletzungen eine sachgerechte Versorgung und können gegebenenfalls wieder am Unterricht teilnehmen“, so Thate weiter. Zusätzlich kann es sinnvoll sein, ein Netzwerk mit hausärztlichen Praxen in der Nähe einer jeweiligen Schule aufzubauen und auch den schulinternen Informationsfluss zu überprüfen. „Wenn eine bestimmte Vorerkrankung bei einem Schüler vorliegt, sollte dies natürlich nicht nur in der Akte im Schrank im Sekretariat dokumentiert sein, sondern die Lehrenden sollten jederzeit vor Ort diese vielleicht lebenswichtige Information zur Verfügung haben, um das Kind mit den richtigen Maßnahmen unterstützen zu können“, rät Dr. med. Thomas Henke, Chefarzt des Zentrums für Notfallmedizin im Evangelischen Krankenhaus.

Nach der Auswertung der beiden Pilotschulen – Waldschule Hatten und Oberschule Eversten – soll das Angebot schrittweise im Jahr 2024 auf alle Oldenburger Schulen ausgeweitet werden.

Sozialdezernat koordiniert Aktivitäten durch Round Table

„Das Projekt Gesundheitskompetenz an Schulen ist das erste sichtbare Ergebnis der Zusammenarbeit des Round Table Gesundheitsversorgung in Oldenburg“ freut sich Sozialdezernentin Dagmar Sachse. Der Round Table wird vom Sozialdezernat koordiniert. Ihm gehören neben Pius-Hospital und Evangelischem Krankenhaus auch das Klinikum Oldenburg, die Apotheken, die Versorgungsforschung der Universitätsmedizin Oldenburg, die Kassenärztliche Vereinigung, Ärztekammer und Ärzteverein, das Rehazentrum, die Notdienstpraxis Oldenburg, das Gesundheitsamt, das Amt für Teilhabe und Soziales sowie die Großleitstelle Oldenburg an. Die Runde hat sich nach der Corona-Pandemie gegründet, um die gute Zusammenarbeit aus dieser Zeit fortzusetzen. Aufgrund des demografischen Wandels und der Veränderungen im Gesundheitssystem wird die gesundheitliche Versorgung in Oldenburg zunehmend schwieriger. Dem will der Round Table durch eine intensive Zusammenarbeit der Beteiligten sowie die Entwicklung weiterer Projekte entgegenwirken. „Wenn wir die Ressourcen vor Ort gut nutzen, können wir gemeinsam einen Beitrag zur besseren Gesundheitsversorgung in unserer Stadt leisten“, so Dagmar Sachse.

Zuletzt geändert am 13. Mai 2024